Von Rudolf Caracciola im Jahr 1927 bis Sebastian Vettel 2020 ist die wechselvolle Geschichte des Nürburgrings ein Kaleidoskop der schnellsten Rennfahrzeuge. Die weltweit anspruchsvollste und gefährlichste Rennstrecke entstand als wilde Berg- und Talbahn mit aberwitzigen Kurvenkombinationen in nur knapp zwei Jahren in der Eifel.Ein Hoteliers-Sohn aus Remagen war es, der als Sieger im Kompressor-Mercedes hier das erste große Rennen prägte, am 18. Juni 1927, vor fast 90.000 Menschen.
1934 wurde ein weiterer Mythos in der Eifel geboren. Angeblich ließ Mercedes-Sportchef Alfred Neubauer den weißen Lack von seinen Fahrzeugen abkratzen, um die Gewichtsvorgaben nicht zu überschreiten. Übrig blieb das matt glänzende Aluminium, das den Boliden aus Stuttgart zum Namen „Silberpfeile“ verhalf.
Als schließlich im Jahr 1950 die Formel-1-Weltmeisterschaft mit Rennen rund um den Globus ins Leben gerufen wurde, führte an dem Kurs in der Eifel kein Weg mehr vorbei. Alberto Ascari gewann auf einem Ferrari das erste Formel-1-Rennen auf dem Nürburgring.
Und als schließlich vier Jahre später die „Silberpfeile“ wieder in den Rennzirkus zurückkehrten, säumten 300.000 begeisterte Zuschauer den Rand der Piste und bejubelten 1954 den Sieg des Argentiniers Juan Manuel Fangio im Mercedes.
Mit dem Wirtschaftswunder wuchs auch der Nürburgring. Die Rennstrecke war auch ein Arbeitgeber. Vom Publikumsverkehr profitierten Tankstellen, Hotels, Pensionen und Läden. Doch mit zunehmender Geschwindigkeit, mit aberwitzigen Kopf-an-Kopf-Rennen in Fahrzeugen ohne jegliche Sicherheitssysteme wurde der „Ring“ den Sicherheitsanforderungen immer weniger gerecht. Ein Boykott des Pelotons führte 1970 zu den größten Umbau- und Sicherheitsmaßnahmen am Ring. 20 Millionen Mark wurden insgesamt verbaut. Aber mit dem Feuerunfall Niki Laudas 1976 war die 22,8 Kilometer lange Nordschleife als Austragungsort von Formel-1-Rennstrecken erst einmal passé.
Erst mit dem Bau der neuen Grand-Prix-Strecke, die den Sicherheitsbestimmungen vollauf genügte, kehrte die Königsklasse des Motorsports 1984 in die Eifel zurück und mit dem Aufstieg des jungen Michael Schumacher ein Stück weit auch das „Flair der 30er“ – bis 2012. Das Ende war damals einer aberwitzigen Kostenexplosion geschuldet.
Und woher kommt der Beiname „Grüne Hölle“? Jackie Stewart gab ihr diesen Namen – mit folgender Begründung:
„Ich glaube, es gab keinen Piloten, der nicht ein bisschen Angst vor dem Ring hatte. Auf einer Runde haben wir in sieben Minuten mehr Angst und Anspannung erlebt als die meisten Menschen in ihrem kompletten Leben.“ Auch das Fazit des Schotten zu seiner Motorsportkarriere bezog die „Grüne Hölle“ mit ein: „Auf dem Nürburgring zu fahren, das war wie Rodeo reiten.“
Fotos: Daimler, Nürburgring 1927 GmbH & Co. KG