Was den meisten Autofahrer*innen bekannt sein dürfte, ist die Faustformel für das Wechseln der Reifen „von O bis O“. Von Oktober bis Ostern also. Heißt also, spätestens jetzt die „Sommerschlappen“ runter, Winterreifen rauf und ein halbes Jahr später, um Ostern herum, das gleiche Spielchen anders rum. Doch in Zeiten des Klimawandels sollte man sich nicht unbedingt an diese Vorgaben halten. Sowohl im Oktober wie auch März oder April kann es noch oder schon sommerlich warm oder kalt mit vereisten und verschneiten Straßen sein.
Gerade in diesen Tagen, drohen aber auch schon plötzliche Kälteeinbrüche. Solche Witterungs-Auswüchse stellen nicht nur die Reifenhändler und Autohäuser vor Probleme, weil sich die Kunden drängen, sondern auch den Reifen selbst. Der gemeine Sommerreifen ist dann oft überfordert mit seinen Eigenschaften, die nicht auf winterliche Bedingungen ausgelegt sind. Winterreifen haben eine andere Gummimischung und Profilierung als der „Sommerbruder“. Sie bieten auf vereistem und vermatschten Untergrund nicht nur besseren Grip, sondern sie verkürzen vor allem im Vergleich zum Sommer-Pneu entscheidend den Bremsweg.
Zwingend vorgeschrieben ist der Wechsel der Bereifung auf deutschen Straßen übrigens (immer noch) nicht. Es gibt nämlich keine generelle, aber eine sogenannte „situative“ Winterreifenpflicht. Das bedeutet jedoch nur, dass derjenige, der bei akuten winterlichen Straßenverhältnissen mit dem Auto unterwegs sein möchte, entweder mit Winter- oder Ganzjahresreifen unterwegs sein muss.
Wer auf winterlichen Straßen ohne die entsprechenden Reifen erwischt wird, dem droht ein Bußgeld in Höhe von 60 Euro und es gibt einen Punkt in Flensburg. Wenn zusätzlich Unbeteiligte behindert werden, beträgt das Bußgeld 80 Euro. Fahren ohne entsprechende Bereifung, kann nicht nur für den Fahrer, sondern auch für den Halter teuer werden: Letzterer ordnet nämlich die Inbetriebnahme ohne die erforderliche Bereifung an oder lässt sie zumindest zu.
Das kostet dann 75 Euro inklusive eines Punktes in Flensburg. Was oft noch schlimmer ist: Baut man mit Sommerreifen bei winterlichen Bedingungen einen Unfall, so meldet sich die Versicherung und droht mit Leistungskürzung oder nimmt sogar völlig Abstand davon. Da heißt es dann: Grobe Fahrlässigkeit und dagegen lässt sich vor Gericht kaum erfolgreich vorgehen. Probleme kann es auch bei der Haftpflichtversicherung geben.
Zulässige Winterreifen oder Ganzjahresreifen kann man am gezackten Gebirgs-Piktogramm und am „Schneeflocken“-Symbol auf dem Reifen erkennen, das seit 1. Januar 2018 Pflicht ist. Zusätzlich gelten bis zum 30. September 2024 Reifen mit „M+S“-Kennzeichnung als wintertauglich, wenn sie bis zum 31. Dezember 2017 hergestellt worden sind.
Fest geregelte Vorgaben gibt es beim Profil. So ist eine Mindest-Profiltiefe von 1,6 Millimetern vorgeschrieben. Das ist jedoch nur die unterste Grenze. Die meisten Reifen-Hersteller empfehlen aus Gründen der Sicherheit eine Profiltiefe von vier Millimetern. Im Übrigen sollte man einen Reifen nach spätestens sieben Jahren nicht mehr verwenden. Dann nämlich ist die Gummimischung in der Regel dermaßen hart geworden, dass der Grip bei tiefen Temperaturen kaum noch nennenswert ist.
Außerdem ist es ein „Ammenmärchen“, dass SUV und Allrad-getriebene Fahrzeuge, also etwa Geländewagen, keine Winterreifen bräuchten. Ein Antrieb über beide Achsen erleichtert zwar das Anfahren, ersetzt aber nicht die Kriterien eines Winterreifens. Ein 4×4-Fahrzeug mit Sommerreifen ist auf Eis und Schnee genauso ungeeignet wie ein Fahrzeug mit nur einer Antriebsachse.
Ein ganz besonderes Thema sind Reifen für den Van- und Transporter-Einsatz unter winterlichen Bedingungen. Bei Reifen, die gewerblich genutzt werden, ist der Lebenszyklus in der Regel erheblich höher als bei Pkw-Reifen. Erfahrungsgemäß werden die meisten Transporter kommerziell genutzt, weshalb sich die Entwicklung ihrer Reifen vor allem auf die wirtschaftlichen Anforderungen konzentriert: Hohe Tragfähigkeit, Schwere des Fahrzeugs, hohe Fülldrücke für höhere Zuladung, starke Lastverteilung in der Bodenaufstandsfläche und maximale Kilometerleistung sind bei Van- und Transporter-Reifen die Hauptkriterien. Aber auch die Eigenschaften bei winterlichen Verhältnissen müssen mitgedacht werden.