Auf Newcomer Nico Rosberg richten sich zum Saison-Start am Sonntag in Bahrain die Fernsehkameras
Geboren in Wiesbaden, aufgewachsen in Monaco, der Vater (Keke) Finne, die Mutter (Sina) Deutsche und er selbst spricht insgesamt vier Sprachen. Wenn die Bezeichnung Kosmopolit je auf einen Neuling in der Formel 1 zugetroffen hat, dann auf Nico Rosberg. Wenn am Sonntag im Wüstenstaat Bahrain der Startschuss zur neuen Saison fällt, dann wird der Sohn von Ex-Weltmeister Keke Rosberg nicht nur der jüngste Teilnehmer im Fahrerfeld sein, sondern gewiss auch sehr viel mehr im Rampenlicht stehen, als dies bei einem normalen Neueinsteiger in den Zirkus Ecclestone der Fall wäre. Der Name Rosberg hat mir sicher viele Türen geöffnet, aber hindurch gehen musste ich alleine, gibt sich der Williams-Pilot, der an der Seite des Australiers Mark Webber den Kampf um WM-Punkte aufnehmen wird, vor dem Start schon recht selbstbewusst.
Klein Nico, der schon mit drei Jahren erstmals im Kart saß, raste im Schnelldurchlauf durch die Nachwuchsschulen des Motorsports. Anfang 2002 stieg der damals 16-Jährige in die Formel BMW um, pilotierte als 18-Jähriger probeweise bereits einen Formel-1-Boliden und sicherte sich in der vergangenen Saison den GP2-Titel, der ihm sozusagen die höheren Weihen verlieh. Zwischen der GP2 und der Formel 1 liegt immer noch ein Riesenschritt, aber ich kenne ja noch das alte Formel-1-Auto und das jetzt durch die neuen Regeln eingebremste Fahrzeug, von daher habe ich sicherlich keine Probleme, wenn es am Sonntag losgeht, meint der 20-Jährige, der neben deutsch noch fließend englisch, französisch und italienisch, seltsamerweise aber nicht finnisch spricht. Das kommt daher, weil bei uns zu Hause deutsch gesprochen wird und ich zu Finnland ja eigentlich keine besondere Beziehung habe, erklärt Jung-Rosberg, obwohl er neben der deutschen auch die finnische Staatsbürgerschaft besitzt. Sein Vorbild ist dennoch ein Finne, aber eben nicht der Papa. Ich möchte mal so fahren können wie Mika Häkkinen, das schnelle Fahren kann mein Vater mir nicht mehr beibringen, aber im Umgang mit den Medien ist er sehr wertvoll für mich.
Rosberg gilt in Expertenkreisen nicht nur als ungemein talentiert, sondern schon vor seinem ersten Grand Prix überhaupt als möglicher kommender Weltmeister. Bereits jetzt wird darüber spekuliert, ob er dem aktuellen Titelträger Fernando Alonso (Renault) sogar das Prädikat jüngster Formel-1-Weltmeister aller Zeiten einmal abjagen könnte. Denn dafür hätte er ja durchaus noch ein paar Jahre Zeit. Doch derlei Spekulationen interessieren den jungen Mann derzeit nicht. Hauptsache, ich habe ein gutes Jahr und etabliere mich. Alles andere kann ja noch ein bisschen später kommen. Genaue Vorstellungen von seinem ersten Formel-1-Jahr im Williams-Cosworth hat Rosberg junior nicht. Ob es erfolgreich war, kann ich erst sagen, wenn die Saison beendet ist. Aber wenn man ein schnelles Auto hat, will man damit auch auf das Podium fahren, gibt er sich nicht gerade unbescheiden. Renault und Honda nennt er nach den bisherigen Ergebnissen der Testfahrten als seine persönlichen Favoriten. Aber auch unser Auto ist sehr stark. Wir haben bei der Aerodynamik einen Schritt nach vorn gemacht, der Motor ist auch gut. Die Reifen waren ein bisschen das Problem.
Rosberg, der sich selbst als halber Deutscher, als halber Finne, als irgend was Europäisches halt fühlt, ist nach Damon Hill, Michael Andretti und David Brabham der vierte Sohn eines ehemaligen Formel-1-Weltmeisters, der ab diesem Jahr in die großen Fußstapfen des Vaters tritt. Doch anders als die drei Sprösslinge der früheren Champions geht Nico Rosberg nicht nur mit dem schweren Rucksack des väterlichen Namens, sondern mit einem ungeheuren Selbstbewusstsein und begnadeten Talent an die neue Aufgabe heran. Davon zeugt auch seine Einschätzung vor dem sonntäglichen Startrennen, dass ich mich jetzt schon als Formel-1-Fahrer fühle. Ich kann jetzt schon genau so Gas geben, wie im letzten Jahr in meinem GP2-Auto. Sir Frank Williams und den Papa wird's freuen. Denn das verspricht eine spannende Saison.
Text: Jürgen C. Braun