Liebe Leserin, lieber Leser, in dieser Woche habe ich binnen kürzester Frist, also so in knapp zweieinhalb Stunden Fahrzeit, so intensiv wie selten erlauben dürfen, wie völlig hilflos wir trotz unserer weit voraus enteilten Technik, mit (halb)autonomen Fahrzeugen, mit völliger Vernetzung der Kommunikation und Motoren, die immer verbrauchs- und schadstoffärmer sind, doch den Naturgesetzen völlig hilflos ausgeliefert sind. Und dabei aufgezeigt bekommen, wie der Mensch in all seinem Streben doch an seine Grenzen geführt wird, wenn Mutter Natur nicht mitspielt.

Ich war rund zweieinhalb Stunden am Donnerstag in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz, am Niederrhein, in der Eifel und im Hochwald unterwegs, als Sturmtief Friederike die Regionen, die ich durchquerte, immer mehr in den Griff bekam. Zunächst war von „vereinzelten stärkeren Böen“, bei denen man sich eines „angemessenen Fahrstils“ bedienen sollte, die Rede. Was auf gut deutsch gesagt hieß: Leute, macht langsam, und wenn ihr auf dem flachen Land unterwegs seid, passt auf, dass Euch nicht irgendwelche Äste, Schilder, Pfosten oder sonstige Gerätschaften um die Karosserie herum fliegen.

Dann wurde binnen kürzester Zeit anhand der Radio-Durchsagen, die in immer kürzeren Abständen erfolgten und in denen immer besorgter klingende Menschen berichten, deutlich, dass Friederike so gar nichts mit dem wohl klingenden weiblichen Namen gemein hatte, der ja eigentlich sehr zurückhaltend und höflich klingt. Ein recht vornehmer Frauenname, der eigentlich als Ausdruck der feinen Gesellschaft durchgeht. Aber in diesem Fall wurde Friederike zur wütenden Furie.

In Leverkusen fuhr ich um die Mittagszeit los, als es hieß, dass „einige Züge vorsichtshalber etwas langsamer als normal“ fahren würden und man hoffe, dass die Verkehrsbeeinträchtigungen im Rahmen bleiben würden. Blieben sie allerdings nicht. Nur knapp zwei Stunden später fuhr in ganz Nordrhein-Westfalen und in Rheinland-Pfalz kein einziger Zug mehr. Vom Flughafen Köln/Bonn stieg kein Flieger mehr auf und es wurde auch keine Landeerlaubnis mehr erteilt. Lkw wurden über Polizei-Twitter dazu aufgefordert, möglichst rasch den nächsten Parkplatz auf zu suchen, weil ihre hohen Planen ein Ziel mit verheerenden Folgen für den Sturm darstellen könnten.

Als ich schließlich nach „angepasster“ aber dennoch stürmischer Fahrt, auf der ich etliche hin und her schlingernden Aufbauten auf großen Nutzfahrzeugen mit wachsender Besorgnis registrierte, zu Hause ankam, liefen im Fernsehen schon die ersten Sondersendungen über das Wetterchaos. Der Schlusssatz der Moderatorin vom Kölner Hauptbahnhof machte dann das ganze Ausmaß deutlich: „Wer heute mit dem Zug unterwegs ist, sollte davon ausgehen, nicht mehr am gleichen Tage anzukommen.“

Und doch gab es noch eine wunderschöne Nachricht an diesem Tag, die über meinen Heimatsender lief, als ich gerade in die Garage fahren wollte. Da meldete sich ein Hörer und erzählte: „Unsere Tochter Friederike feierte heute, an diesem 18. Januar, während das Sturmtief Friederike wütet, ihren 18. Geburtstag“. Na, dachte ich bei mir: Hoffentlich hat Friederike nicht noch ein paar windige Typen für die Party eingeladen.

Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende

Ihr Jürgen C. Braun

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