Dieselkrise: Gibt es wirklich eine?

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In den unendlichen Weiten der öffentlichen Medien ist die Spann- und Tragweite der Dieselmogelei noch immer präsent. Tatsache ist, nach heutigem Wissensstand, dass eine Clique aus Entwicklern, Kaufleuten und Technikern offensichtlich im stillen Auftrag von oben, zumindest bei Volkswagen eine spezielle Software erdacht und konstruiert hat, die Tests auf dem Laborprüfstand erkennt und sehr freundliche Werte im Abgas- und Verbrauchsverhalten errechnet und produziert. So weit, so schlecht. Dass ausgerechnet hierbei ein Hersteller aus Deutschland aufgeflogen ist, entbehrt nicht eines gewissen sardonischen Charmes.

Nächste Frage: Sind die Wolfsburger tatsächlich die Einzigen, die gemogelt haben? Der Verdacht liegt nahe, dass nicht nur die übrigen deutschen Autohersteller, sondern auch die Importeure mehr als großzügig waren, als sie die Verbrauchs- und Emissionswerte ihrer Dieselprodukte zum Besten gaben (und noch immer geben!). Nun hat eine wissenschaftlich fundierte und begleitete Versuchsreihe nach dem NEFZ (Neuer Europäischer Fahr-Zyklus) zu Ergebnissen geführt, die einerseits für Verbraucher und Umwelt erschreckend, andererseits für die Hersteller äußerst peinlich sind.

Und plötzlich ist Volkswagen nicht mehr alleine am Pranger. Bei dieser Versuchsreihe, die erst im Labor, anschließend im rauen Alltag realisiert wurde, gehörte je ein Proband von BMW, Mercedes, Renault und Volkswagen zur Testflotte mit 2-Liter-Diesel-Triebwerk. Die Indoortests im Labor ergaben durchweg Überschreitungen vor allem bei den schädlichen Stickoxiden (NOx), die zu Besorgnis Anlass geben, aber gerade noch halbwegs nahe an den Normwerten lagen. Als das Testerteam dann mit den gleichen Fahrzeugprobanden auf die Straße ging, um dort den Normtest nachzufahren, schlug die Stunde der hässlichen Wahrheit: Alle vier Fahrzeuge lagen zwischen 230 und fast 600 Prozent über den vom Gesetzgeber vorgeschriebenen Werten! Da sogar die Testgerätschaften aus dem Labor aus- und in die Autos hinein gebaut wurden, um jegliche mögliche Abweichungen zu unterbinden, waren die begleitenden Wissenschaftler mehr als nur überrascht. Keiner konnte sich erklären, wie das sein konnte. Da Verbrauch und Emissionen im modernen Verbrennungsmotor von einem geschlossenen Steuergerät mit einer bestimmten Software geregelt werden auf der Basis bestimmter Parameter wie Temperatur, Geschwindigkeit, Streckenprofil, Belastung etc., kann folglich nur diese Blackbox für die irrlichternden Ergebnisse zuständig sein. Deutschland (und auch das Ausland!) verfügt über genügend blendend ausgebildete Ingenieure, denen es folglich möglich sein müsste, alle Einzelbauteile (Platinen, Rechner, Kontakte, Transistoren etc.) auf ihre Korrektheit zu prüfen. Dazu bedarf es jedoch eines Eingriffs in das zentrale Steuergerät, das von Hause aus nicht zu öffnen ist (wohl, um Manipulationen zu unterbinden). Wer hat den Mut und die Sachkenntnis, diesen finalen Schritt zu gehen? Dann müsste der Übeltäter, der falsche Erkenntnisse fabriziert und Fakes produziert, doch endlich entdeckt werden. Auch darf gefragt werden, warum sich staatliche Institutionen (Ministerien, übergeordnete Behörden etc.) gegenüber der Automobilindustrie nicht kritischer gegeben haben. Das Dieselemissionsthema ist doch gar nicht so neu.

Es wäre jammerschade, wenn ausgerechnet der mit Leichtöl arbeitende Verbrennungsmotor als volksnaher Vertreter nur noch schlecht geredet wird. Beim Diesel ist eine effiziente und normengerechte Abgasnachbehandlung, auch wenn sie in Zukunft etwas teurer würde, noch immer attraktiv und machbar. Die Stellungnahmen der beteiligten vier Automobilwerke gegenüber den vorgelegten Ergebnissen könnten fast voneinander abgeschrieben sein: Alle sind überrascht, unterstellen gar Messfehler und … halten sich selbstverständlich streng an die vorgegebenen Grenzwerte … Leichtfertig, wenn nicht gar frevlerisch, zudem die (Nicht-) Entscheidungen im obersten Management, indem dort die durchaus erwartbaren Sammelklagen (wie nun in den USA) in zig Millionenhöhe außen vor blieben, die wesentlich sinnvoller in eine weitere Stickoxidminimierung der Diesel hätten investiert werden können. Auch darüber darf mal nachgedacht werden. Also nicht nur ein Technikproblem, sondern auch eines der Ethik.

Text und Bilder: Frank Nüssel /CineMot

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