Das Leben ist kein langer, ruhiger Fluss … um einem Filmtitel aus den 90ern an dieser Stelle zu widersprechen. Wenn der Verlobte just am Tag der geplanten Hochzeit aus der Kirche flieht, steht das Leben auf dem Kopf. So wie es Rosalind, kurz Ros, ergeht. Dass der Flüchtige den wenig schmeichelhaften Beinamen die Ratte führte, macht das Problem wahrhaftig nicht kleiner.
Ein beschauliches Städchen soll das Leben der jungen Frau wieder ins Lot bringen oder wenigstens den Hintergrund dafür darstellen. Was wäre geeigneter als zusätzlich ein Job als Buchhändlerin – inhaltlich interessant, und freundliche, eigenwillige Kollegen bereichern die Sache nur noch, ganz so, wie man sich einen klassischen Buchhandel vorstellt (der entgegen aller pessimistischen Prognosen doch nicht totzukriegen ist). Doch dann klingelt es eines Freitagabends an der Tür: Ein Nachbar hat ihr Meerschweinchen überfahren, mit dem Rasenmäher. Man ahnt, dass es trotz bester Voraussetzungen erst einmal nichts wird mit dem Leben als langer, ruhiger Fluss.
Jo Platt hat sicherlich Erfahrungen mit Ereignissen, wie sie ihrer Rosalind passieren. Wiltshire, London und Seattle waren ihre beruflichen Stationen als Lehrerin, Über das ländliche Wiltshire, London und Seattle, wo sie als Lehrerin arbeitete, kam sie nach St. Albans. Sie kennt folglich das Städchen sehr gut, in dem Herz über Kopf spielt. Heute lebt sie mit Mann und zwei Kindern in Bristol, einer britischen Großstadt mit ebenso beliebter wie legendärer Universität, die zugleich Hochburg des englischen Cider ist und ganz verschiedenen Stadtteile vereint – von hip bis alternativ. Beschauliche Ecken gibt es auch, allerdings muss man sie finden. Ach so, ja, Platts Ehemann war mal ihr Nachbar.
Jo Platt: Herz über Kopf. Rowohlt Verlag (rororo); 9,99 Euro.
