Liebe Leserin!
Lieber Leser!
Sie kennen sicherlich alle den leicht überzogenen Spruch, wonach man nur der Statistik glauben solle, die man selbst gefälscht habe. Was nichts anders besagen will, dass der wahre Wert und der Aussage-Gehalt eines solchen Zahlen-Instrumentes zumindest sehr umstritten und nicht immer ganz glaubwürdig sind.
Nun, in dieser Woche wurde im Bereich des Automobilwesens und der Verkehrssicherheit wieder einmal eine solche Analyse veröffentlicht, die zumindest zum Nachdenken anregt. War das jetzt eine gute oder eher eine schlechte Nachricht? Grundlage ist in diesem Falle eine Erhebung des Statistischen Bundesamtes.
Danach habe es im vergangenen Jahr in Deutschland bei einem leichten Rückgang der Verkehrsunfälle mehr Verkehrstote gegeben als im Jahr 2013. Die Polizei registrierte nach Angaben des Statistischen Bundesamtes insgesamt 2,4 Millionen Unfälle (das sind genau 0,3 Prozent weniger als im Vorjahr). Dabei sei aber nur die Zahl der Fälle mit ausschließlich Sachschaden( minus 0,9 Prozent) gesunken. Verkehrsunfälle, bei denen Menschen verletzt oder gar getötet wurden, hätten dagegen um 3,9 Prozent auf rund 302.400 zugenommen. Dabei hätten 3.377 Menschen ihr Leben verloren. Das seien 38 Personen und damit 1,1 Prozent mehr als im Vorjahr gewesen.
Liebe Leserinnen und Leser, wann immer ich solches nüchterne und nackte Zahlenmaterial schwarz auf weiß gedruckt sehe, in dem es um menschliche Schicksale geht, dann beschleicht mich ein eigenartiges, um nicht zu sagen, ein ganz und gar ungutes Gefühl. Natürlich muss man angesichts der Weiterentwicklung passiver und aktiver Sicherheitselemente an den Fahrzeugen, angesichts der Verbesserung unserer Verkehrs-Infrastruktur auch einmal Bilanz ziehen: Wohin führt der Weg, was bringen alle unseren technischen und sozialen Weiterentwicklungen? Wo liegen die Unfallschwerpunkte: auf den Autobahnen, den Landstraßen oder doch im urbanen Bereich?
Aber wir sollten auch nicht vergessen, dass hinter jeder Zahl, hinter jedem Prozentpunkt, hinter jedem Komma ein menschliches Schicksal, eine persönliche Tragödie steckt. Wenn von 1,1 Prozent mehr getöteten Personen im Jahr 2014 im Vergleich zu 2013 die Rede ist, dann heißt das im Klartext, dass in insgesamt 38 Fällen unsägliches Leid über eine Familie, einen Bekannten- oder Freundeskreis gekommen ist, weil ein Mensch an den Folgen eines Verkehrsunfalles gestorben ist. Es geht in diesem Zahlenwerk folglich nicht um Börsennotierungen, um Bonuspunkte, um Verkaufserfolge oder um Misserfolge.Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat, über den wir auch in unserem Magazin immer wieder berichten, hat die hehre Vision der „Vision Zero“, also quasi eines unfallfreien Verkehrsaufkommens. Dorthin werden wir zwar (leider) niemals kommen. Aber wir sollten uns auch hüten, hinter all den schrecklichen Ereignissen nur die Fortschreibungen von Bilanzen zu sehen.Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende.
Ihr Jürgen C. Braun