Liebe Leserin!

Lieber Leser!

Ist es Ihnen mitunter auch recht, wenn Sie auf längeren Autobahn-Reisen einen angenehmen Gesprächspartner neben sich wissen, oder sind Sie eher der klassische Autoradio- oder Hörbuch-Typ, der sich lieber über ein paar Stunden berieseln lässt, ohne dass er selbst am Gespräch teilnehmen muss. Nun, bei mir ist das unterschiedlich, in der Regel lege ich größere Strecken als automobiler Einzelkämpfer im Chassis zurück. Jüngst aber bat mich ein Bekannter, ob ich nicht einen jungen Mann (es war sein Neffe, der ein paar Tage bei der Familie zu Besuch war) wieder mit nach Hause nehmen könne. Dessen Wohnort lag zufällig auf der Strecke, die ich zurückzulegen hatte und der junge Mann wäre – wohl seinem Alter entsprechend – ein sehr Auto-affiner Zeitgenosse. Also, dachte ich mir, nix wie rein mit dem Burschen auf den Beifahrersitz. Vielleicht ergibt sich ja eine nette Plauderei.

Was uns beide verband, war nicht nur die (Vor)liebe zum Automobil, sondern auch die Neugierde für das, was der andere tat. Also wollte ich doch wissen, womit mein Begleiter denn so seine Zeit verbrachte. Ausbildung, Student, Schüler oder doch schon im Berufsleben stehend? Und wenn ja als was? Gut, dass ich nachgefragt hatte, denn es gab Erstaunliches zu hören. Denn so erfuhr ich von ihm, dem Minderwertigkeitskomplexe mitnichten in die Wiege gelegt worden waren, er sei derzeit „Junior Manager Assistant“ in einer angesehenen Shopping Mall einer boomenden Branche. „Alle Achtung“, dachte ich mir leicht schmunzelnd, dass muss ja schon was Besonderes sein in jungen Jahren.

Jetzt ging es drum: Wollte ich mir den Spaß erlauben, den Herrn Junior Manager Assistant ein wenig für die Bedürfnisse der Realitäten zurechtzubiegen oder ihn in seinem begehrlichen social-code-Himmel zurück lassen? So ganz ohne etwas wohl gemeinte Stichelei ging es dann doch nicht. Denn nachdem er mir weit ausschweifend erklärt hatte, was denn so der Aufgabenbereich eines Junior Manager Assistant sei, meinte ich – was er nicht so ganz zurückweisen konnte: „Aha, Du machst also ein Praktikum! Na ja, die meisten von uns haben ja so angefangen. Pass gut auf, bestimmt lernst Du was.“ Neben mir saß ab dann die personifizierte Verlegenheit in Person.

Wer weiß, liebe Leserinnen und Leser, vielleicht sehe ich ihn ja irgendwann mal wieder bei einer anderen Gelegenheit: Dann hat er es vielleicht zum CEO, zum Chef Executive Officer, also zum Chef eines Unternehmens gebracht. Oder aus ihm wurde ein verantwortungsvoller Facility Manager. Was auf gut deutsch gesagt, nichts anderes als der Hausmeister ist.

Und der Facility Manager hatte bei uns an der Penne in der Regel mehr Verfügungsgewalt als der CEO. Pardon, der Rektor, oder der „Direx“, wie das im Pennäler-Deutsch hieß. Der „Facility Manager“ verkaufte in der Pause Teilchen und Kakao, der sperrte die Turnhalle auf und sah auch mal weg, wenn in einer Ecke geknutscht oder eine Kippe probiert wurde. Welch ein Posten!
Merke: Nicht der Titel, sondern derjenige, der ihn um den Hals trägt, spielt die Musik.

Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende.

Ihr Jürgen C. Braun.

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