Liebe Leserin!
Lieber Leser!
Leinwand-Helden oder auch solche, die es im Pantoffel-Kino zu Ruhm und Ehre gebracht haben, waren den Werbestrategen der Autofirmen schon immer gern gesehene menschliche Litfaßsäulen, wenn es darum ging, ihre Produkte einem Millionenpublikum näher zu bringen. Beispiel gefällig?: Bitte sehr.
Deutschlands wohl bekanntester Privatdetektiv Josef Matula probierte mehr als drei Jahrzehnte die jeweils aktuelle Produktpalette des Hauses Alfa Romeo durch. „007“ James Bond durfte entweder aus einem Aston Martin, BMW oder Lotus aussteigen, um sich anschließend (meist in attraktiver weiblicher Gesellschaft) den geliebten geschüttelten, und nicht gerührten Martini zu genehmigen. Und der ultracoole Steve McQueen mimte im Kultfilm „Bullitt“ als harter Cop den Unerbittlichen, der im 68er Mustang Fastback durch San Francisco polterte, dass Ford anschließend mit der Produktion dieses Fahrzeugtyps nicht mehr nachkam.
Helden und ihre Herkunft: Das war meistens auch ein Stück automobiler Tradition oder Philosophie. So wie bei Henning Mankells Kommissar Kurt Wallander, dessen langer Abschied als Alzheimer-kranker schwedischer Provinz-Polizist derzeit über die Mattscheibe flimmert. Jahrelang fuhr die Hauptfigur in ihrem uralten 850er Volvo Kombi ins Büro, die Polizei im südschwedischen Nest Ystad, dem Ort der Handlung, fuhr selbstredend Saab. Schwedische Autos in einem schwedischen Krimi also.
Doch damit ist es jetzt, da Wallander krank, unrasiert, melancholisch, aus den Drehbüchern geschrieben wird, vorbei. In der vor wenigen Tagen ausgestrahlten aktuellen Wallander-Folge („Mordbrenner“) tauchte weder Saab noch Volvo auf. Stattdessen bestimmten nun Derivate von Europas größtem Autobauer das Bild. Der Herr Kommissar fährt einen echt chicen Volkswagen CC (nicht die Basis-Ausstattung, wie zumindest in Fragmenten zu erkennen war). Und die Streifen-Polizisten waren allesamt in einem VW Passat mit dem typischen karierten Farbmuster unterwegs.
In langen Sequenzen und Einspielungen standen die Fahrzeuge der skandinavischen Gesetzeshüter bestens drapiert in der Bildmitte, so dass die Handlung fast schon zur Nebensache geriet. Und Wallanders Tochter Linda steuert, um das Maß an product placement voll zu machen, im aktuellen Fall einen ebenso aktuellen VW Tiguan. Auch der eine oder andere Multivan huschte durchs Bild. Wohl eher kein Zufall.
Wallander ohne Volvo, Martinsson nicht im Saab, Linda im Tiguan. Igitt! Das ist wie Ikea made in Kalabrien oder Columbo ohne seinen zerknautschten Trenchcoat. Wer weiß, was die Drehbuchschreiber aus der Mankell’schen Literatur-Vorgabe in den beiden verbleibenden Folgen noch so alles machen.
Ganz ehrlich, da widerfuhr es „007“ doch schon angemessen stilvoller: Der Geheimagent im Dienste Ihrer Majestät durfte neben Aston Martin, BMW oder Lotus sogar einmal einen russischen Panzer chauffieren. Aber wo hätte man den auch in Ystad auftreiben sollen!
Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende.
Ihr Jürgen C. Braun