Seit Ende des vergangenen Jahres steht es fest: Die Formel erhält eine ihre schillerndsten Figuren des vergangenen Jahrzehntes wieder zurück. Der persönlich und menschlich mitunter umstrittene, als Fahrer aber mit begnadetem Talent gesegnete Finne Kimi Räikkönen kehrt nach zweijährigem Gastspiel in der Rallye-Weltmeisterschaft wieder in das Championat zurück, in dem vor mittlerweile fünf Jahren als „Ferraristi“ ganz oben in der Fahrer-Wertung stand. Als Titelkandidat wird der schweigsame Skandinavier im „Team Lotus“ zwar nicht starten, aber auf die eine oder andere Nachricht, die den Rahmen des Üblichen sprengen wird, dürfte man sich beim „Comebacker“ Räikkönen schon einstellen.
Mittlerweile ist der Mann aus dem hohen Norden 32 Jahre alt. Aber angesichts der Herren Schumacher, Barrichello, die gezeigt haben oder es immer noch tun, dass man auch im „hohen Alter“ noch erfolgreich Formel 1 fahren kann, könnten Räikkönen durchaus noch ein paar Jahre in der Königsklasse des Motorsportes bevor stehen. Im November vergangenen Jahres hatte Räikkönen, der im Rallye-Zirkus nie an seine Formel-1-Erfolge hatte anknüpfen können, einen Zwei-Jahres-Vertrag beim Team Lotus-Renault unterschrieben. In dieser Saison aber wird der Rennstall unter der Firmierung Lotus an den Start gehen. Als Hinterbänkler aber will der Neue dann doch nicht gelten und steckt schon mal vorsichtig den Kopf aus dem Cockpit: „Ich freue mich sehr darauf, dass ich dem Team auf seinem Weg an die Spitze der Startaufstellung in einer sehr wichtigen Position helfen kann“, wird Räikkönen auf der Lotus-Homepage zitiert.
Der „Iceman“ war 2007 mit Ferrari Weltmeister geworden und hatte die Formel 1 im Jahr 2009 mit bis dato 18 Grand-Prix-Siegen verlassen, um in der Rallye-WM Fuß zu fassen. Obwohl er nie auf dem Treppchen bei einer Siegerehrung stand, ist ihm diese nach eigener Aussage gelungen: „Meine Zeit in der Rallye-WM hat mich als Fahrer definitiv weitergebracht.“ Zuletzt sei aber sein „Hunger nach einer Rückkehr in die Formel 1“ übermächtig geworden.
Vor allem der ehemalige Arbeitgeber Mercedes ist vom Comeback des Finnen begeistert. „Ich freue mich auf Kimi. Wenn er motiviert war – und das scheint jetzt der Fall zu sein – gehörte er immer zu den Besten. Und außerdem ist Kimi ein feiner Kerl“, sagte Mercedes-Sportchef Norbert Haug zu der Rückkehr seines einstigen Fahrers.
Bei den ersten Testtagen in Europa lief zwar noch nicht alles glatt bei Räikkönen und seinem neuen Team. So streikte unter anderem die Servolenkung des Lotus. Dennoch macht er sich vor dem Saisonstart am kommenden Sonntag in Melborune keine großen Sorgen. „Das kriegen wir schon hin“, meinte er nach den letzten Tests im spanischen Jerez. Seine Extravaganzen aber hat „die Diva“ auch bisher noch nicht abgelegt. Erst einmal ließ er die gesamte Journalistenschar warten, kam fast 30 Minuten nach dem anberaumten Termin und gab sich dann relativ „zugeknöpft“, was die Erwartungen an sich und sein Team betraf.
Dass er nach seiner Zeit als „Einzelkämpfer“ auf den Rallye-Wettungsprüfungen nun Probleme im Rennpulk auf der Strecke haben könnte, glaubt er nicht. Der 32-Jährige fühlt sich auf sein erstes Formel-1-Rennen nach dem Comeback gut vorbereitet. Schwierigkeiten im direkten Duell mit der Konkurrenz sieht er nicht. „Das ist kein Problem. Ich bin zwischendurch ein paar Rennen in der amerikanischen Nascar-Serie gefahren und da waren noch mehr Autos unterwegs und es wurde noch enger. Das hat richtig Spaß gemacht. Es kann also losgehen.“
Etwas Eingewöhnungszeit hatte er in den ersten Testfahrten aber dennoch für sich beanspruchen müssen: „Man drückt manchmal noch die falschen Knöpfe. Manchmal drückt man auch einfach nicht fest genug oder etwas zu früh, aber das macht nicht viel aus. Die Boxenstopps sind etwas kürzer, aber der Unterschied ist auch nicht so groß. Natürlich würde ein bisschen mehr Übung helfen, aber ich denke wir werden das schon hinbekommen.“
Text: Jürgen C. Braun
Fotos: Team