Große Ehre für die Handball-Schiedsrichter*innen Robert Schulze und Tobias Tönnies sowie Tanja Kuttler und Maike Merz. Die beiden Schiedsrichter-Teams aus dem Elitekader des Deutschen Handballbundes sind für die Olympischen Spiele 2024 in Paris (24. Juli bis 11. August) nominiert.
Für die Unparteiischen stellt die Nominierung ein Höhepunkt ihrer Karriere dar. „Das ist das Allergrößte“, schwärmt Tanja Kuttler und Maike Merz ergänzt: „Dass wir die Chance bekommen, bei Olympia auf der Platte zu stehen, ist nach wie vor kaum zu greifen.“ Auch Robert Schulze und Tobias Tönnies betonen unisono: „Die Vorfreude ist riesengroß.“
Insgesamt werden 16 Gespanne die Handball-Turniere der Männer und Frauen in Paris leiten. Deutschland stellt als einziges Land zwei Teams. „Das ist eine sehr hohe Wertschätzung für unser Schiedsrichterwesen in Deutschland und wir sind sehr stolz“, unterstrich Schiedsrichter-Chefin Jutta Ehrmann-Wolf bei der Bekanntgabe der Nominierung und sprach von „einer großen Ehre“.
Das empfinden auch die Unparteiischen so. „Nur ein ganz kleiner Kreis an Schiedsrichtern hat jemals dieses Privileg und wir sind einfach nur dankbar, dass sich die ganze harte Arbeit der letzten Jahre ausgezahlt hat und wir diesen Höhepunkt miterleben dürfen“, fiebert Merz dem ersten Anwurf entgegen. „Wir freuen uns schon riesig auf ein Erlebnis, das wir sicherlich nie wieder vergessen werden.“
Nach den letzten Vorbereitungsspielen – Kuttler/Merz sind in Dänemark gefordert, Schulze/Tönnies in Deutschland – reisen die Unparteiischen am 22. Juli nach Paris und absolvieren gemeinsam mit den Delegierten eine Vorbereitungsmaßnahme. In Kay Holm, zuständig für den Bereich Lehre im Schiedsrichterwesen des Deutschen Handballbundes, ist auch ein deutscher Delegierter dabei.
„Es ist die höchste Sportveranstaltung der Welt und dort dabei zu sein, ist ein Traum“, betont auch der ehemalige Bundesliga-Schiedsrichter die Bedeutung. „Dieses Event miterleben zu dürfen, ist ein hohes Maß an Wertschätzung. Ich freue mich darauf, auch andere Sportarten zu sehen und andere Sportler zu treffen und mich einfach von dem Flair in Paris beeindrucken zu lassen.“
Der besonderen Verantwortung, die Handballspiele auf der Weltbühne der Olympischen Spiele zu leiten, sind sich die vier Referees bewusst. „Wir wollen saubere Handballspiele mit einer klaren Linie leiten“, betont Schulze die Bedeutung. „Bei den Olympischen Spielen schaut jede Sportart über den Tellerrand und da ist es noch einmal wichtiger, dass sich der Handball fair und attraktiv präsentiert.“
Für Schulze und seinen Gespannpartner Tönnies werden es die zweiten Olympischen Spiele ihrer Karriere; vor drei Jahren leiteten sie das Bronzemedaillen-Spiel der Männer. „In Tokio waren wir während der Spiele aufgrund der Corona-Auflagen sehr isoliert“, erinnert sich Tönnies. „Im Nachgang haben wir uns gesagt: Wir wollen einmal Spiele unter normalen Bedingungen erleben.“
Entsprechend hoffen die beiden Magdeburger, dass sie an einem spielfreien Tag die Chance bekommen, bei anderen Wettkämpfen vorbeizuschauen. „Gemeinsam mit unseren Schiedsrichter-Kollegen das Olympia-Feeling inhalieren“, nennt es Schulze. Leichtathletik und Schwimmen sind die Disziplinen, die beide interessieren würden. Dass sie erneut bei Olympia pfeifen werden, bedeutet Schulze/Tönnies viel. „Es ist das Highlight schlechthin.“
Zuletzt waren 1988 in Seoul zwei deutsche Schiedsrichter-Teams nominiert – und schrieben Geschichte: Beide Finals im Handball-Turnier wurden von deutschen Unparteiischen geleitet. Manfred Prause und Erhard Hofmann (BRD) pfiffen das Männer-Finale zwischen Sowjetunion und Südkorea und Peter Rauchfuß und Rudolf Buchta (DDR) das Frauen-Endspiel Südkorea gegen Norwegen.
Kurzbiografie: Die Karriere von Schulze/Tönnies
Robert Schulze und Tobias Tönnies pfeifen seit 1999 gemeinsam. Die beiden Magdeburger legten einen steilen Aufstieg hin und debütierten im November 2007 bei der Partie HSG Nordhorn-Lingen gegen HBW Balingen-Weilstetten in der 1. Männer-Bundesliga. Randnotiz: Mit seinen damals 23 Jahren und 11 Monaten ist Schulze der jüngste Erstliga-Schiedsrichter in der deutschen Handballgeschichte.
Die Erstliga-Premiere sollte jedoch nur ein weiterer Zwischenschritt auf ihrem Weg nach oben sein: Das internationale Parkett rief. 2012 leitete das Gespann Schulze/Tönnies sein erstes Spiel in der EHF Champions League, 2013 waren die Magdeburger erstmals bei einer Jugend-Weltmeisterschaft, 2014 folgte die Nominierung für die Frauen-Europameisterschaft. Es folgten verschiedene internationale Einsätze – beispielsweise bei der Panamerika-Meisterschaft 2016 -, bis 2019 die erste Männer-Weltmeisterschaft folgte.
Seitdem sind Schulze/Tönnies Dauergast bei Großturnieren. 2021 und 2023 folgten die nächsten beiden Männer-Weltmeisterschaft, hinzu kommen drei Männer-Europameisterschaften (2020, 2022, 2024). 2021 ging mit der Nominierung für die Olympischen Spiele in Tokio ein großer Lebenstraum in Erfüllung. Das Endspiel der Männer-Europameisterschaft im Januar 2022 war kurz darauf der nächste Höhepunkt.
Inzwischen haben Schulze/Tönnies über 600 Einsätze für den Deutschen Handballbund und knapp 200 Spiele auf internationalem Parkett absolviert. Seit 2019 sind die Magdeburger durchgehend beim REWE Final4, 2021 leiteten sie das Endspiel. Fünf Auszeichnungen als „Schiedsrichter der Saison“ (2018/19, 2020/21, 2021/22, 2022/23, 2023/24) sowie zwei Prämierungen bei den German Handball Awards (2021, 2022) unterstreichen ihre Stellung als deutsches Top-Gespann.
Kurzbiografie: Die Karriere von Kuttler/Merz
Tanja Kuttler und Maike Merz bilden seit 2008 ein Schiedsrichter-Team. Drei Jahre später wurden die beiden Schwestern für den neuen „Frauenkader“ des Deutschen Handballbundes gesichtet und ihre Karriere nahm immer mehr Fahrt auf. Nach den ersten Erfahrungen im Young Referee Program der EHF wurden sie 2014 in den Kader des europäischen Handballverbandes aufgenommen, im Oktober desselben Jahren leiteten sie ihr erstes Spiel im Europapokal.
2015 folgte der IHF-Status und nach drei Einsätzen bei Nachwuchs-Weltmeisterschaften im männlichen und weiblichen Bereich war die Afrikameisterschaft der Frauen 2018 im Kongo ein vorläufiger Höhepunkt. Es weiterer Meilenstein im gleichen Jahr: Am 27. Mai 2018 gaben Kuttler/Merz beim Spiel Frisch Auf Göppingen und GWD Minden ihr Debüt in der 1. Männer-Bundesliga. Es war das erste Mal seit 2009, dass ein Frauen-Gespann in der deutschen Beletage pfiff.
National haben sie sich ihr Standing seitdem erarbeitet. Viermal pfiffen die Schwestern bereits das Finale um den DHB-Pokal der Frauen (2019, 2021, 2023, 2024), leiteten als erste Frauen den PIXUM SuperCup 2022 der Männer und wurden 2023 bei den German Handball Awards ausgezeichnet. Auch international sind sie längst in der Spitze angekommen: Neben den Frauen-Weltmeisterschaften 2019, 2021 und 2023 waren die beiden Schwestern auch bei der Frauen-Europameisterschaft 2022 im Einsatz und sind für die diesjährige EM nominiert. 2022 leiteten sie das Champions-League-Finale der Frauen. Hinzu kommen Nominierungen für die Männer-WM 2023 und die Männer-EM 2024.