Fragt man Darnel Jansen, was Respekt für ihn bedeutet, sprudeln die Worte nur so hervor. „Für mich ist Respekt, sich auf Augenhöhe und mit Wertschätzung zu begegnen und die Regeln des Fairplay einzuhalten“, erklärt der junge Bundesliga-Referee. „Als Privatperson gehören auch Ehrlichkeit und Gleichberechtigung dazu. Mir ist es wichtig, jeden Menschen – egal, ob Kellner oder Ärztin – gleich zu behandeln.“
Dieser Gedanke lasse sich natürlich auch auf das Feld übertragen. „Egal, ob Nationalspieler oder Bundesliga-Rookie: Wir wollen jedem Spieler die gleiche Chance geben“, betont Jansen. „Wir Schiedsrichter können den Mannschaften unseren Respekt für ihre sportliche Arbeit entgegenbringen, indem wir uns gewissenhaft vorbereiten und jedes Spiel ernst nehmen – unabhängig davon, ob wir nun 1. Bundesliga pfeifen oder die D-Jugend unseres Heimatvereins.“
Dass ihm dieser Punkt wichtig ist, betont Jansen ausdrücklich, denn er erinnert sich an eine genau gegenteilige Erfahrung. „Als wir gerade angefangen hatten, zu pfeifen, haben wir parallel noch selbst in der B-Jugend gespielt – und bei einem meiner Spiele lehnte sich der Tor-Schiedsrichter gegen den Pfosten, weil ihm langweilig war“, beschreibt der 27-Jährige. „Wir haben an diesem Tag sicherlich nicht gut gespielt, aber dieses Verhalten habe ich damals als sehr respektlos unserer Mannschaft gegenüber empfunden. Diese Situation ist hängen geblieben, weil ich sofort wusste: So will ich nie sein.“
Denn so selbstverständlich es ist, dass ein Schiedsrichter für sich Respekt einfordert – so selbstverständlich ist es aus Sicht von Jansen auch, den Spielern und Trainern mit Respekt zu begegnen. „Wir müssen natürlich hin und wieder durchgreifen, aber dennoch kann ich mit der Körpersprache, der Mimik und den Worten meinen Respekt signalisieren“, sagt Jansen. Wie man so schön sagt: Der Ton macht die Musik.
„Ich bin davon überzeugt, dass es sich positiv auf das Spiel auswirkt, wenn die Spieler und Trainer spüren, dass wir ihnen gegenüber mit Respekt auftreten“, betont Jansen. Im Gegenzug erwartet er ebenfalls ein Mindestmaß an Respekt der eigenen Person gegenüber: „Wenn das gegeben ist, dann hat auch kein Schiedsrichter ein Problem mit Kritik oder gegensätzlichen Meinungen.“
Positive Beispiele fallen Jansen sofort ein. „Die Reaktion von Andreas Wolff, als er sofort erklärt, dass der Ball erst am Körper und dann am Kopf war und damit die Strafe für den Werfer verhindert hat: Das war ein Musterbeispiel für Fairplay und Respekt gegenüber dem Gegner, dem Sport und dem Schiedsrichter“, lobt Jansen. Wolff wurde dafür im Februar mit dem Fair-Play-Preis des Deutschen Sports ausgezeichnet.
Es sei jedoch leider zu beobachten, bedauert Jansen, dass der gegenseitige Respekt auch im Handball abnehme. „Ich habe den respektvollen Umgang miteinander immer als ein Selbstverständnis des Handballsports empfunden, der sich dadurch von anderen Sportarten abgehoben hat. Eine Selbstverständlichkeit ist er aber nicht“, sagt der Bundesliga-Schiedsrichter. „Mir sind zwar noch keine körperlichen Übergriffe auf Schiedsrichter wie im Fußball bekannt, aber wir sollten sehr vorsichtig sein, dass wir uns nicht in diese Richtung entwickeln.“
Das sei jedoch kein exklusives Problem des Handballs, sondern eine gesellschaftliche Entwicklung. Während seines Studiums arbeitete Jansen im Rettungsdienst und „dort wurden wir auf Einsätzen blockiert und beschimpft“, berichtet er. „Auch Schiedsrichter werden in den Hallen ebenfalls häufig verbal beleidigt. Es ist unsere gemeinsame Verantwortung – von Spielern, Trainern, Zuschauern oder Schiedsrichtern – dieses Verhalten nicht zuzulassen und für einen respektvollen Umgang einzustehen, egal ob Bundesliga oder Bezirksklasse.“
Denn Jansen fühlt dabei auch mit den anderen Parteien mit. „Was ich auf Social Media beispielsweise über Trainer lesen muss, erschreckt mich – da wird nach drei Niederlagen der Rauswurf gefordert und jede Qualität abgesprochen“, bedauert er. Umso wichtiger sind die Augenblicke, in denen der gegenseitige Respekt gelebt wird. „Wenn wir einen Einwurf anzeigen, es unruhig auf dem Feld und in der Halle wird und der Abwehrspieler dann offen sagt, dass er noch ganz leicht am Ball war, sodass wir unsere Entscheidung im Sinne des Sports korrigieren können: Das sind die Momente, die unseren Sport ausmachen!“