Maximal reduziert steht der Zweisitzer auf seinen grobstolligen Reifen: Türen, Fenster und Windschutzscheibe fehlen, Gepäck wird mit Spanngurten am Heck oder auf dem Dach verzurrt, anstatt klassisch hinter einer Kofferraumklappe verstaut zu sein. Anstelle zweier Scheinwerfer gibt es nur einen, der aber abnehmbar ist und alternativ als Taschenlampe dienen kann. Schon daran ist zu erkennen: Eine Serienumsetzung ist hier nicht vorgesehen. Stattdessen soll die Studie zeigen, wofür Dacia künftig stehen will. „Essenziell“ ist da das meistgebrauchte Wort – Autos ohne Schnickschnack und zu vertretbaren Kosten. Le Vot will so einem Trend gegensteuern, der Mobilität mit dem eigenen Pkw zum Luxus zu machen droht.
Autos ohne Dach und Türen wird Dacia natürlich trotz Kostendrucks nicht bauen. Neben der grundsätzlichen Philosophie sollen aber auch einige konkrete Elemente der Studie in künftige Modelle einfließen. Etwa ein cleveres Befestigungssystem namens U-Clip oder der „Starkle“ genannte Kunststoff mit hohem Recycling-Anteil. Beides könnte schon 2024 in der Neuauflage des Kompakt-SUVs Duster auftauchen. Oder im für 2025 erwarteten neuen Flaggschiff Bigster, einem Mittelklasse-SUV, das bereits 2021 als, dem Vernehmen nach, sehr seriennahe Studie zu sehen war.
Vor allem der große Crossover zeigt, dass sich die rumänische Renault-Tochter künftig auch in höheren Segmenten zuhause fühlen will. Denn für ganz kleines Geld wird der Bigster nicht zu haben sein, Le Vot verspricht jedoch Preise deutlich unter Konkurrenzniveau. Das gilt auch weiterhin für das gerade eben aufpolierte aktuelle Portfolio der Marke. Logan, Sandero, Jogger und Duster tragen ab sofort eine neue, optisch aufgewertete Front mit auffällig weißen Zierelementen auf dem Kühlergrill.
Gleichzeitig rückt nun auch ein Lifestyle-Anspruch stärker in den Fokus; die Autos der Marke sollen künftig stärker für Outdoor-Aktivitäten und Freizeitnutzen ausgelegt werden. Diese sanfte Abkehr von rein zweckrationalen automobilen Einsatz-Szenarien spiegelt sich auch optisch wider: Statt des wenig kleidsamen „Flaschenöffner“-Logos trage die Fahrzeuge der Marke nun die zu einer Art Kreuz stilisierten Buchstaben „D“ und „C“ auf dem Kühlergrill, die Lettern des Dacia-Schriftzug kommen kantiger und moderner daher. Bei den Händlern zieht in Kürze ein neues Autohaus-Design ein, das auf geometrisch klare Formen und pastellige Farben setzt.
Beim Anschwimmen gegen die allgemeine Auto-Teuerung soll Dacia auch die Konzentration auf sparsame Antriebe helfen. Dabei spielt weiterhin der Autogas-Antrieb eine wichtige Rolle, auch wenn die Preise für den Alternativ-Kraftstoff zumindest in Deutschland zuletzt stark gestiegen sind. Elektrifizierung spielte auf der international besuchten Strategie-Präsentation in Paris keine Rolle. Kommen wird sie trotzdem: Anfang 2023 erhält der Crossover-Van Jogger einen Vollhybridantrieb. Und auch das rein elektrische SUV Spring dürfte noch einmal ein Upgrade erfahren.
Den allgemeinen Preissteigerungen auf dem Neuwagenmarkt kann sich Dacia wohl aber weder jetzt noch mit der neuen Positionierung wirklich entziehen. Das günstigste Modell, der Kleinwagen Sandero, liegt mit 9.600 Euro nur noch knapp unter der psychologisch wichtigen 10.000-Euro-Marke. Angetreten war die aktuelle Generation Anfang 2021 noch für 8.500 Euro. Von den Zeiten vor rund fünf Jahren, als das Preisschild noch mit einer sechs startete ganz zu schweigen.
Fotos: Dacia