Vielleicht sind es die seit dem BMW 2002 so ikonischen Doppelscheinwerfer, oder aber die nur ganz dezent angedeutete Keilform des E30 in einer Dekade beständig neuer Aerodynamik-Wunder von Audi 100 über Ford Sierra bis zum Opel Omega. Vielleicht gelang es BMW aber auch einfach besser, den Pulsschlag der 1980er zu treffen, mit 3ern, die jeden Trend antizipierten und gleichzeitig an bewährtem wie der coupéartigen zweitürigen Karosserie festhielten, im Gegensatz zu neuen Rivalen wie Mercedes 190, Alfa 75 und Audi 80/90. Jedenfalls beendete der BMW 3er (E30) seine Karriere 1994 als meistgebautes Modell seiner Klasse. Kein Wunder, dass ihn heute nicht nur die Bimmer-Community als „King of Cool“ der wilden Achtziger feiert. Jenes Jahrzehnts, das einerseits Abrüstung, Umweltschutz und neureiche Yuppies thematisierte, aber andererseits in Pophymnen wie „Ich will Spaß“ oder „Rock me Amadeus“ das unbekümmerte Lebensgefühl einer neuen Freizeitgesellschaft feierte. Schicke Cabriolets gehörten dazu, so wie sie in TV-Blogbustern von „Miami Vice“ über „Magnum“ bis zur „Schwarzwaldklinik“ die Einschaltquoten erhöhten.
Tatsächlich gab es die zweite Generation des 3er fast von Beginn an auch als Open-Air-Version, dies als Topcabriolet der Stuttgarter Karosseriefirma Baur. Türrahmen und Scheiben blieben bei diesem ins reguläre BMW-Programm integrierten Luftikus auch bei geöffnetem Dach stehen, dafür bewahrte der mit fast allen Motorisierungen kombinierbare Frischluft-Fünfsitzer in geschlossenem Zustand die ikonischen Konturen der zweitürigen 3er-Karosserie. Rund 7.000 Mark Aufpreis kostete dieser Aufschnitt, für den sich immerhin knapp 11.000 Sonnenanbeter begeisterten. Für die meisten wurde das Frischlufterlebnis im E30 jedoch erst mit dem 1985 vorgestellten bügelfreien 325i Vollcabriolet perfekt. Dieser kostspielige Sonnenkönig und Rivale des noch teureren Saab 900 Cabriolet setzte die Initialzündung für einen bis dahin nie erlebten Open-Air-Boom, der Yuppies und Promis ebenso erfasste wie Familien. Die BMW 3er Cabriolets (inklusive der nachgeschobenen Typen 320i und 318i) galten auf Corniche, Kurfürstendamm und Fifth Avenue als ebenso fashionable wie vor dem kleinstädtischen Eiscafé.
Bereits der offene Spitzentyp 325i ließ sich in über 85.000 Einheiten absetzen, und die Lieferzeiten waren anfangs so lang, dass Spekulanten zuteilungsreife Kaufverträge in Kleinanzeigen der Fachmedien zu hohen Aufpreisen anboten. Aber die eigentliche Sensation sollte erst noch kommen: Im Herbst 1985 präsentierte die BMW Motorsport GmbH den legendären ersten M3 als schärfsten Gegner des Mercedes 190 E 2.3-16. Ursprünglich nur auf 5.000 Einheiten zwecks Homologation ausgelegt, erfreute sich dieser erste BMW M3 unerwarteter Beliebtheit. Vielleicht, weil er mit gewaltigen Spoilern und Kotflügelverbreiterungen bereits im Stand für Aufsehen sorgte und der 2,3-Liter-Vierzylinder mit Vierventiltechnik genau die Marke von 147 kW/200 PS erreichte – ohne Aufladung durch einen Turbolader oder Kompressor. Dank schlanker 1.200 Kilometer Leergewicht erreichte der M3 Tempo 100 nach nur 6,7 Sekunden, das konnte der V12-Ferrari 400i nicht besser. Die wahre Heimat des BMW M3 war jedoch der Motorsport, dort fuhr er bei 24-Stunden-Rennen, in der DTM und Europameisterschaften einen Sieg nach dem anderen ein. Kontinuierliche Leistungssteigerungen hielten auch die Straßenversionen des M3 attraktiv und so wurden am Ende fast 18.000 Autos abgesetzt. Darunter als besonderes Highlight das damals weltweit schnellste viersitzige Cabriolet.
Mit der Studie dieses M3 Cabriolet überraschte BMW schon auf der IAA 1987. Die Publikumsresonanz war so groß, dass die Serienfertigung der Open-Air-Version des Rennwagens bereits im folgenden Frühjahr anlief, um Sturmhauben und Toupets bei 240 km/h auf ihre Sitzfestigkeit zu prüfen. Und noch ein einzigartige Frischluftstar basierte auf der Technik des 3er: Der Roadster BMW Z1 begeisterte ab 1987 mit agilem Hinterradantrieb und raffinierten versenkbaren Türen für ein ultimatives Freiheitsgefühl.
Tatsächlich konnte sich der E30 erst Mitte der 1980er ganz vorn positionieren, indem er die Themen Sport und Effizienz noch besser bediente als andere. Während der Mercedes 190 D den Vierzylinder-Diesel zum Dynamiker gemacht hatte, zeigten die Bayerischen Motorenwerke, wie schnell Sechszylinder-Sparer sein konnten. Zunächst mit einem 2,7-Liter-Sechszylinder-Benziner für relativ hohes Drehmoment bei niedrigen Drehzahlen. Nur 5,9 Liter benötigte der 325e damit, konnte jedoch im Verkaufsranking nicht dauerhaft reüssieren. Allein der Bundespost und Behörden vorbehalten blieb sogar ein batterieelektrischer 3er, für den die Zeit noch nicht reif war. Besser lief es mit dem 324d, dessen Sechszylinder-Selbstzünder mit Temperament und nur 5,0 Liter Verbrauch punktete. Flott wie ein Benziner war aber erst die 85 kW/115 PS starke Turboversion 324td, die ab 1987 für Furore sorgte. Und dann gab es noch einen Traktionsspezialisten: 1985 rollte mit dem 325ix der erste Serien-BMW mit Allradantrieb vom Band.
Sogar bis 1994 und damit drei Jahre über das Ende der Limousinen hinaus blieb die letzte E30-Karosserieform aktuell, mit der BMW 1987 zeitgleich zum einzigen echten Facelift für die Baureihe überraschte: Der propere 3er Touring basierte auf dem privaten Entwurf eines BMW-Ingenieurs, der damit die Bewegung der sportiven Lifestylelaster lostrat. „BMW macht eine neue Klasse mobil“, dieser Werbeslogan aus dem Jahr 1982 wurde mit dem Touring fünf Jahre später plötzlich wahr.