Es war der ultimative Showdown in der Businessklasse: Vor genau 50 Jahren zündete BMW die erste Generation des 5er (E12). Dynamische Limousinen, die im Umfeld der Olympischen Spiele von München starteten und die den Gipfel der oberen Mittelklasse stürmen sollten. Jenen Zenit, auf dem die von Stardesigner Paul Braqc geformten Mercedes-Strich-Acht-Modelle uneingeschränkt herrschten. Um die Dominanz der Sternträger zu brechen, bedienten sich die Bayern eines besonderen Coups: Auch der agile BMW 5er war vom genialen Franzosen Paul Bracq konturiert worden, natürlich nicht ohne markentypischen Hofmeister-Knick an der C-Säule und die seit dem sportiven BMW 2002 ikonischen Doppelscheinwerfer. Dieses erste Design-Duell Bracq vs. Bracq, bzw. BMW 5er gegen Benz Strich-Acht, entschied zwar nach Verkaufszahlen der gesellschaftlich fest verankerte Mercedes für sich. Aber der vollkommen neue 5er katapultierte sich aus der von den „Neue-Klasse“-Vorgängern 1800/2000 besetzten Marktnische zwischen Massenware und Premium und zeigte das Potential, mit dem der BMW 5er später weltweit auf Pole Position fahren sollte. Dazu beigetragen haben seidenweiche Sechszylinder und sportliche Höhepunkte wie der furiose 160 kW/218 PS freisetzende M535i der BMW Motorsport GmbH, die schnellste Mittelklasselimousine der Welt. Voll auf Angriff setzten auch die von der Motorsport GmbH aufgebauten BMW 530i, mit denen etwa Jean Pierre Beltoise den Titel „Französischer Produktionswagenmeister 1977“ gewann.

Am Ende seiner fast zehnjährigen Produktionszeit konnte der erste 5er (E12) den Markterfolg seines Neue-Klasse-Vorgängers bereits mehr als verdoppeln. Und Paul Braqcs bahnbrechende Couture spiegelte sich sogar noch in dem von Claus Luthe 1981 finalisierten zweiten 5er (E28), der sich vor allem durch ein voluminöses Heck von seinem filigraneren Vorgänger differenzierte. Die großen Glasflächen und klaren Linien des E12 blieben dagegen ebenso erhalten wie das neuartige, auf den Fahrer konzentrierte Cockpit mit aus dem Flugzeugbau inspirierter Lichttechnik. Nicht zu vergessen die ungewöhnliche Motorhaube mit Sicherheitsverriegelung, wie sonst nur beim Saab 99. „Komfort als sportliches Erlebnis“, lautete 1972 die Werbebotschaft für die neuen Typen 520 und 520i, die gegenüber dem abgelösten BMW 2000 um 19 Zentimeter auf 4,62 Meter Länge wuchsen und mit 1.230 Kilogramm Leergewicht sogar den avantgardistischen NSU Ro 80 unterboten. Dennoch fehlte es dem anfangs angebotenen Vierzylinder-Duo 520 und 520i an Muskelkraft, um als König der linken Spur Kontrahenten wie Opel Commodore, Mercedes 230, Citroen DS, Alfa Alfetta oder Ro 80 zu vertreiben.

Allein: BMW-Vertriebsvorstand Bob Lutz, Kampfjet-Pilot und Car-Guy, wusste, was zu tun war, seit er 1970 die Nachfolge von „Nischen-Paule“ Hahnemann – einst Entdecker der Neuen Klasse – angetreten hatte.

Zunächst versah Lutz die Münchener Hoffnungsträger mit einer ikonischen Nomenklatur, die an frühere V8-Modelle wie 501 und 507 erinnerte, aber auch die Melodie „Take Five“ aufgriff, jene bis heute meistverkaufte Jazz-Single, die bereits in Werbefilmen zum Jingle der Neuen-Klasse-BMW mutiert war. 520 lautete die Typnummer der ersten Limousine, gesprochen „fünf-zwanzig“, wie eine Presseinformation erklärte. Fortan stand bei jedem BMW die erste Ziffer für die Fahrzeugklasse und die folgenden Ziffern symbolisierten Hubraum oder Leistung. Eine Systematik, die manch andere Marke adaptierte. Als nächstes spendierte Lutz dem 5er die temperamentvollen Sechszylinder aus den Oberklasselimousinen 2500 bis 3.3 (E3) – und geboren waren Tarnkappenjäger, die es mit Muscle-Cars wie Mercedes 280 E oder Rover 3500 V8 aufnahmen und konventionellen Sechszylindern á la Volvo 164 keine Chance ließen. Ob der lange Zeit vor allem Volvo-affine schwedische König Carl XVI. Gustav seine bis heute andauernde Liebe zu schnellen BMW damals bei seinen Besuchen in München entdeckte, ist nicht verbürgt. In der Populärkultur war es jedenfalls die ab 1974 ausgestrahlte TV-Krimiserie „Derrick“, in der BMW 5er über Jahre die automobile Hauptrolle besetzten. Ob Polizei, Feuerwehr oder Notärzte, auch als agiles Einsatzfahrzeug gewann er Beliebtheit.

Sechs macht mehr Laune als vier und fünf Zylinder (ab 1976 beim Audi 100), fanden auch die Kunden, und deshalb beeilte sich BMW dem 1973 eingeführten 525 mit 107 kW/145 PS Leistung zeitnah den noch flotteren 2,8-Liter-Sechszylinder BMW 528 mit 121 kW/165 PS zur Seite zu stellen. Als Antwort auf die 1976 lancierte neue Mercedes W-123-Serie mit den Vierzylinder-Basistypen 200 und 230 erleichterte BMW obendrein den preiswerten Einstieg in den feinen Club der Sechszylinder: Im Sommer 1977 debütierte der BMW 520 mit neu entwickeltem 122 PS starkem und laufruhigem Reihen-Sechser (Typ M20), da hatte der E12 sein einziges Facelift (größere Heckleuchten, die Niere streckt sich weiter nach oben in die Motorhaube) bereits hinter sich.

Es war der gelungene Spagat zwischen Sportwagen und braver Familienlimousine, mit dem BMW schon mit Neue-Klasse-Typen zur Hausmarke fahrdynamisch ambitionierter Kunden aufgestiegen war, mit dem 5er kamen nun Komfort und noch mehr Leistung hinzu. Aber ein Diesel, wie bei Mercedes und ab Ende der 1970er auch bei Audi im Angebot, den hatten die Münchner erst ab Mitte der 1980er – natürlich als Sechszylinder. Zu ruppig schien den BMW-Ingenieuren zuvor die Selbstzünder-Laufkultur, zu bescheiden das Temperament. Stattdessen erprobte BMW einen 520 mit Wasserstoffantrieb und wagte damit einen Blick in die Zero-Emission-Zukunft des 21. Jahrhunderts. Gegen die Absatzflaute der ersten Ölkrise von 1973/74 sollte der Spartyp BMW 518 helfen, ein 66 kW/90 PS Vierzylinder, der sich mit preiswertem Normalbenzin betanken ließ und dessen Knauser-Charakter am Verzicht auf Ausstattungsfinessen und Chromornamente zu erkennen war.

Zur großen Gala für sportliche Genießer spielte 1980 der 160 kW/218 PS starke M535i aus den Hallen von BMW Motorsport auf. Dort hatten sie bereits Renntourenwagen fit gemacht, vorzugsweise mit 3,0-Liter-Motoren. Jetzt gab es Vmax 222 km/h in Serie für die Straße. Das war damals eine Ansage auf dem Niveau von V12-Jaguar, aber nicht für Alpina. Da geht noch was, sagten sich die Ingenieure in Buchloe und boten 1981 mit dem 243 kW/330 PS starken Alpina B7 S Turbo die Eintrittskarte ins Supercar-Segment: 265 km/h konnte nicht einmal der Porsche 911 Turbo toppen. Ein würdiges Feuerwerk zum Finale des 5ers E12, während sich der Nachfolger E28 bereits warmlief, erstmals auch als M5.

Fotos: BMW

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