Honda: 60 Jahre in Deutschland

1961 wagte Honda, deutlich vor anderen Japanern, den Sprung nach Deutschland, wo in Hamburg die „European Honda Motor Trading Company“ an den Start ging. Waren es anfangs bezahlbare und robuste Motorräder, mit denen Honda hierzulande reüssierte, avancierte auf der Frankfurter IAA 1963 der winzige Roadster S 500 zum Showstar, erhielt er dort doch fast so viel Aufmerksamkeit wie der NSU Spider mit Wankelmotor. Ein Jahr später sorgte Soichiro Honda für die nächsten Schlagzeilen: Der erste Honda-Formel-1-Rennwagen startete auf dem Nürburgring.

Wie der anspruchsvolle deutsche Markt zu gewinnen war, demonstrierte  Patriarch Soichiro Honda beispielhaft mit kreativen, gut ausgestatteten und zuverlässig funktionierenden Fahrzeugen, die im Portfolio der Europäer fehlten. Genau deshalb begeisterte ab 1967 auch der zweisitzige Honda Sportwagen S 800 mit Hochdrehzahlmotor, der Vergleichstests gegen Fiat 850 oder kleine Engländer gewann.

Honda – ab 1974 in Offenbach – erkannte, welche Marktnischen unbesetzt waren und füllte diese 1976 auch in der Mittelklasse mit einem globalen Bestseller, dem temperamentvollen Accord als Alternative zu Audi 80 oder Opel Ascona und Rekord.

Wer es elitärer wollte, konnte seit 1979 das Coupé Prelude ordern, dessen unkonventionelles Design allerdings vor allem Amerikaner und Asiaten erfreute. Der Civic dagegen wechselte beständig sein Kleid und kam überall bestens an (in Großbritannien bot er als Honda Ballade sogar die Basis für einen sportiven Triumph). Weltweit sind es heute schon über 20 Millionen Einheiten des Megasellers, der hierzulande ab 1984 – damals wurde in Offenbach das erste europäische Honda-Entwicklungszentrum eröffnet – als heißblütiges CRX-Sportcoupé, aber auch als raffinierter Crossover vom Typ Shuttle mit Allradantrieb für Furore sorgte. Nach unten rundete nun der kleine Cityflitzer Jazz das Portfolio ab und erlangte in kantigen Formen prompt Kultstatus. Dagegen waren es ansonsten eher die technischen Raffinessen und Trends wie Allradlenkung (Prelude, ab 1987), Fahrer- und Beifahrerairbag (Flaggschiff-Limousine Legend, ab 1990) oder intelligentes Nachtsichtgerät (Legend, ab 2004), mit denen die ingenieurgetriebene japanische Marke Aufsehen erregte. Nicht nur dank immer furioserer und von der Biker-Community gefeierter Motorradmodelle avancierte Honda zur überraschenden Alternative zu BMW.

Auf der anderen Seite duellierte sich Honda seit den 1990er Jahren mit Toyota um die Führungsrolle bei alternativen Antrieben. Zwei Jahre nach dem Toyota Prius kam 1997 der Honda Insight – in der Form eines Sportcoupés. Auch der Erbe der CRX-Coupés debütierte 2010 als adrenalinhaltiger CRZ mit der Kraft aus zwei Herzen, wobei Honda Hybrid auch brav-bürgerlich sein konnten. Das zeigte die Civic Stufenhecklimousine ab 2001. Besser zur Marke passen bis heute jedoch die dynamischen Designjuwelen, sei es als weltweit erstes verkauftes Brennstoffzellenfahrzeug Honda Clarity Fuel Cell (seit 2008, nach Deutschland kamen nur einzelne Exemplare) oder als Honda e. Dieser vollelektrische City-Stromer sorgt seit letztem Jahr für Furore, auch weil er die Formen des allerersten Civic in die Zukunft führt.

Honda weiß auch, wie SUV sich verkaufen. Nach dem japanischen Prinzip, nicht nur lokal, sondern global zu handeln, um wirtschaftliche Erfolge zu erzielen, lancierte Honda schon 1997 den Allrad-Crossover CR-V. Ein Bestseller, von dem etwa allein im Jahr 2020 fast 900.000 Einheiten weltweit verkauft wurden, was ihn auf Platz drei der globalen Pkw-Charts brachte. Und in Deutschland? In der gerade wiedervereinigten Bundesrepublik erreichte Honda 1990 mit rund 70.000 Zulassungen ein Allzeithoch, das die Marke trotz aller folgenden technischen und sportlichen Spezialitäten nicht übertreffen konnte. Ein Mix aus unglücklichen Umständen, wie zeitweise zu beliebig geratenen Modellgenerationen oder vorübergehend zu hoch positionierten Preisen, verhinderte zuletzt einen deutschen und europäischen Höhenflug von Honda. Marktanteile zwischen 0,3 und 0,5 Prozent werden dem Kultstatus, den die Marke des Motoren-Magiers Soichiro Honda bis heute genießt, nicht gerecht. Immerhin ist Honda in Deutschland weiterhin drittstärkster Motorradanbieter und vielleicht bringt die fast voll hybridisierte bzw. elektrische Pkw-Palette doch den erhofften Aufschwung.

Fotos: Honda

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