Frage: „Ich will in den nächsten Tagen mein seit vergangenem Herbst in der Garage eingemottetes Motorrad wieder startklar machen. Worauf muss ich dabei achten?“
Antwort von Johannes Kautenburger, Kraftfahrzeugexperte der Sachverständigenorganisation KÜS: „Wer in die neue Saison starten will, sollte vor der ersten Ausfahrt sein Motorrad noch einer genaueren Zustandskontrolle unterziehen. Als erstes empfiehlt sich dabei ein oberflächlicher Check, der unter anderem Verkleidungs- und Anbauteilen wie etwa den Spiegeln gilt. Diese sollten intakt und fest sein. Als nächstes wird der Luftdruck der Reifen geprüft. Den vorgeschriebenen Wert findet man in der Betriebsanleitung. Ist das Modell über zehn Jahre alt, empfiehlt es sich im Zweifelsfall, beim Reifenhersteller nachzufragen, ob die Werte noch aktuell sind.
Besonders wichtig ist der anschließende Zustands-Check der Reifen. Diese sollten keine Risse oder Beschädigungen in den Flanken und zudem genug Profiltiefe aufweisen. Der Gesetzgeber verlangt mindestens 1,6 Millimeter, wir empfehlen hingegen mindestens 3 Millimeter. Auch wenn die Reifen einen optisch guten Eindruck hinterlassen: Sind sie älter als sechs Jahre, ist ein Wechsel ratsam. Auskunft über das Reifenalter geben die letzten vier Ziffern am Ende der sogenannten DOT-Nummer. Diese dokumentiert, in welcher Woche und Jahr der Reifen produziert wurde. Steht dort etwa 2212, wurde der Reifen in der 22. Woche im Jahr 2012 gefertigt.
Beim Kauf neuer Pneus ist darauf zu achten, dass diese den Vorgaben in den Fahrzeugpapieren entsprechen. Weichen sie von der Originalausrüstung ab, so greifen seit 2020 neue Bestimmungen. Ist für das Kraftrad eine Reifenfabrikatsbindung in den Fahrzeugpapieren beschrieben, so muss genau dieser Reifen verwendet werden. Möchte man ein anderes Fabrikat Fahren so ist dies mit einer Reifenfreigabe durch den Reifenhersteller möglich. Eine Änderung der Reifengröße außerhalb der genehmigten Größen in den Fahrzeugdokumenten ist nicht ohne weiteres möglich. Hier wird ggf. ein Teilegutachten oder eine Einzelbegutachtung notwendig. Auch wenn das Motorrad keine Reifenfabrikatsbindung hat, empfehlen wir diese immer paarweise von einem Hersteller zu montieren.
Ebenfalls sollte der Frühjahrs-Check die Kontrolle der Felgen umfassen, denn Beschädigungen können Unwuchten und damit ein gefährliches Fahrverhalten provozieren. Auch der für ein tadelloses Fahrverhalten wichtige Rahmen sollte keine Blessuren aufweisen.
Größere Aufmerksamkeit sollte außerdem den Bremsen gelten. Steht das Bike auf dem Hauptständer, lassen sich die Bremsscheiben leicht auf Rost oder Schäden untersuchen. Außerdem lohnt sich der Blick auf die Verschleißmarken der Beläge, am besten per Taschenlampe. Ist die Stärke der Bremsbeläge zu gering, müssen diese getauscht werden. Pro Rad werden alle Belege gewechselt. Zum Bremsencheck gehört auch die Kontrolle der Bremsflüssigkeit. Ein Austausch empfiehlt sich, wenn diese z. B. nicht mehr gelb, sondern braun wirkt.
Bei einem aus dem Winterschlaf geholten Motorrad ist außerdem die Kontrolle des Motoröls Pflicht. Auch die mit Öl gefüllten Dämpfer müssen dicht sein, um einwandfrei arbeiten zu können. Außerdem empfiehlt sich ein Blick auf Gelenke und Seilzüge, die freigängig und gut gefettet sein sollten. Während der Winterpause kommt es hier häufiger zu Verharzungen.
Eine gut gereinigte und gefettete Kette mit einem Spiel von zwei Fingerbreit – wenn der Fahrer auf dem Motorrad sitzt – kann möglicherweise viel Ärger während der Saison ersparen. Beim Bewegen des Lenkers von Endanschlag zu Endanschlag lassen sich Mängel im Lenkverhalten, wie Rastpunkte oder unterschiedliche Einschlagwinkel, erkennen.
Vor dem ersten Start des Motors wird dann noch die Batterie geprüft. Stimmen Flüssigkeitsstand und Spannung? Falls nicht, müssen die Kammern mit destilliertem Wasser nachgefüllt und die Batterien geladen werden. Wer sich eine Einschätzung nicht zutraut, kann zu einer Werkstatt oder einer Prüfstelle gehen. Empfehlenswert ist zudem eine Reinigung der Batterie-Pole sowie der Kontaktklemmen. Vor dem Einsetzen der im Herbst abgeklemmten Batterie ist ein Einfetten der Pole mit Batterie-Polfett oder Vaseline ratsam, was Korrosion an diesen verhindert. Aber Vorsicht, nicht die späteren Kontaktflächen mit den Batterieklemmen einschmieren, da so die Leitfähigkeit negativ beeinflusst wird. Außerdem muss die Hupe funktionieren, ebenso die elektrische Anlage, etwa Seitenständerschalter und die gesamte Lichtanlage.
Nach dem Motorrad folgt noch der Kleidungs-Check. Wenn diese weiterhin passt und keine Schäden aufweist, kann es losgehen. Bei der ersten Kontrollfährt lässt man es noch langsam angehen. Anschließend kann der große Ausritt folgen.“