Frage: Wir wollen, wenn es wieder möglich ist, mit unserem Wohnmobil – eins aus der 3,5-Tonnen-Klasse – verreisen. Ich habe gelesen, dass viele Wohnmobile schwerer sind als angegeben. Worauf muss ich achten?
Antwort von Thomas Schuster, Kraftfahrzeugexperte der KÜS: Wohnmobile der Klasse bis 3,5 Tonnen sind sehr beliebt. Das liegt auch daran, dass 1999 der EU-Führerschein eingeführt wurde. Dieser („B“) erlaubt ihren Besitzern etwa nur noch das Lenken von Wohnmobilen bis zu 3,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht. Autofahrer, die vor 1999 ihre Fahrprüfung abgelegt und den Führerschein „Klasse 3“ haben, dürfen sich hinters Lenkrad von bis zu 7,5 Tonnen schweren Campern setzen.
Tatsächlich bringen viele Wohnmobile mehr Gewicht auf die Waage als jenes, das in den Papieren ausgewiesen ist. Grund dafür ist eine Fertigungstoleranz von bis zu 5 Prozent, die den Herstellern zugestanden wird. Anders ausgedrückt. Das Gewicht des Urlaubsfahrzeugs darf um bis zu 5 Prozent höher sein als die in den Papieren eingetragene „Leermasse im fahrbereiten Zustand“. Darin inkludiert sind übrigens ein 75 Kilogramm schwerer Norm-Fahrer, ein bis zu 90% gefüllter Kraftstofftank, alle Betriebsflüssigkeiten und die Gewichte aller serienmäßigen Ausrüstungsteile wie Ersatzräder, Werkzeug, Wagenheber, Feuerlöscher und – sofern vorhanden – der Anhängevorrichtung.
Das bedeutet, die maximale Zuladung sinkt entsprechend. So erhöht sich bei einem angegebenen Leergewicht von 2,9 Tonnen bei Ausreizung dieser Toleranzgrenze das Gewicht auf 3.035 Kilogramm. Die Zuladung nimmt von 600 um 145 auf 455 Kilogramm ab. Wenn man sich anschaut, was so manches Zubehörteil wiegt, ist die Zuladungsgrenze schnell erreicht. So bringt eine Markise gerne 30 und mehr Kilogramm auf die Waage, eine Satellitenschüssel kommt auf über 25 Kilogramm, ein großer Fernseher samt Wandhalterung auf 13 Kilo. Nicht zu vergessen Fahrradträger und die dazu gehörigen Bikes. Bei konventionellen Velos kann man pro Stück rund 15 Kilogramm veranschlagen, E-Bikes sind deutlich schwerer. Und weiter geht´s mit Campingausrüstung, dazu Gasflasche, Wassertank, Geschirr, Kleidung, Lebensmittel und und und. Am besten man nutzt die Zeit bevor Campingurlaub wieder möglich ist, und wiegt das bewegliche Hab-und-Gut mittels einer gewöhnlichen Personenwaage. Zu diesem Ergebnis muss man noch das Gewicht der Passagiere addieren. Zwar kann man 75 Kilo für den Normfahrer wieder abziehen, ab je nach Stattlichkeit der Urlaubsfreudigen schränkt das Wiegeergebnis die Zuladung ordentlich ein.
Das Überladen des Wohnmobils ist kein Kavaliersdelikt. Bremswege werden länger, das Fahrverhalten kann sich ändern. Regelmäßig werden Urlaubsreisende mit ihrem Wohnmobil überprüft. In Deutschland werden etwa für 20 Prozent mehr Gewicht als erlaubt eine Strafe von 95 Euro und einen Punkt in Flensburg fällig. Im Ausland wird schon oft das erste Kilo zu viel beanstandet. Empfindliche Strafen drohen etwa in Italien mit einem Bußgeld bis zu 1.700 Euro, in Österreich bis zu 5.000 und in Großbritannien bis zu 6.000 Euro.
Am besten wiegt man sein Gefährt vor der Beladung mit Utensilien auf einer öffentlichen Fahrzeugwaage. Dann weiß man, wie hoch die Zuladung ausfällt und was noch mitgenommen werden kann – außer den Fahrzeuginsassen. Gewicht lässt sich natürlich auch einsparen. Vielleicht reicht eine Gasflasche statt zwei? Der Wassertank kann vor Ort auf dem Campingplatz gefüllt werden. Lebensmittel und Getränke kann man auch am Ferienort einkaufen. Wer auf Nummer sicher gehen will, kontrolliert das Gewicht des vollgepackten Wohnmobils samt Mitreisenden, indem man es so ein weiteres Mal auf eine Waage stellt.