Das Konzept, mit solchen Fahrzeugen eine ganz bestimmte Klientel auf seine Seite zu ziehen, ist nicht neu, Hyundai setzt es nicht nur beim i10 um. Die „N-Line“ steht für Fahrzeuge, die einen besonders sportlichen Anstrich haben, oft aber Leistung nur bedingt suggerieren. Wo N-Line draufsteht, muss nicht unbedingt „N“ drin sein.
Beim i10 aber bleibt es nicht nur beim optischen Anstrich, der wie ein wild gewordener Terrier inmitten der Herde herumflitzt. Tief heruntergezogene Schürzen, dazu eine dynamische und Coupé-artig flach abfallende Seitenansicht. Massive Doppelendrohre, rote Zierelemente, expressives Tagfahrlicht: So kommt einer daher, der mehr als nur auf halbstark machen, sondern mit den Großen spielen und nicht nur hinterherfahren will. Aber der i10 soll ja auch neben der optischen Kür auch noch eine Alltagspflicht erfüllen. Sprich, er soll ein Begleiter mit Vernunft-Argumenten beim Händler sein.
Der i10 übernimmt als „N-Line“ natürlich auch die Vorgaben der etwas „kleinlautereren“ Brüder. Das heißt: akzeptables Platzangebot, wenn man Interieur im Stile eines begehbaren Kleiderschranks erwartet. Ein Kofferraum mit einem Volumen von 252 Litern ist branchenüblich, durch geschicktes Umlegen der Lehen kann man daraus 1050 Liter machen. Und vier Personen haben auch genügend Kopf- Bein, und Schulterfreiheit, wenn es nicht über ein paar Hundert Kilometer gehen soll. Das Cockpit mutet modern, gut aufgeräumt an. Das 8-Zoll-Infotainment mit Apple CarPlay und Android Auto ist in der N-Line Version im Preis enthalten. Für 1.218 Euro gibt es zusätzlich noch ein optionales Navi-Paket.
So weit, so gut der „Anschauungs-Unterricht“. Und was ist mit den Fahreindrücken: Nun, mit einem bisschen „Prinzessin-auf-der-Erbse-Effekt“ sollte man sich schon anfreunden können, wenn man diesem Mini-Monster Spaß haben will. Und den hat man. Definitiv. Denn, dass das Pendel beim Verhältnis von Leistung zu Gewicht in diesem Fall eindeutig in Richtung des Vortriebs ausschlägt, überrascht nicht. Der Fronttriebler macht mit seinen drei Brennräumen natürlich lautstark auf sich aufmerksam. Was mir die Nachbarstochter, die derzeit an der Schwelle zum Erwerb des eigenen Führerscheins steht, auf dem Beifahrerplatz aber eher mit begeisterndem Augenaufschlag signalisiert hat. Nun gut, Daumen hoch fürs Röhren.
Früher oft gescholtene Turbolöcher haben die Ingenieure den aufgeladenen Benzinern inzwischen weitestgehend ausgetrieben. So auch in diesem Fall. Erstaunlich jedoch, dass die Kennlinie des im Haus aus anderen Modellreihen nicht unbekannten Aggregats auch im höheren Drehzahlbereich nicht schwächelt. Einen Überholvorgang auf der Landseite muss man sich bei realistischem, aber nicht übervorsichtigem Einschätzen der Situation deswegen nicht zweimal überlegen. Dass das Fahrwerk der Optik angepasst ist, der „koreanische Kraftzwerg“ aber nicht unkontrollierbar knallhart herumspringt, versehen wir mit einer glatten Eins. Wer anderes erwartet, den schert ein solches Auto ohnehin nicht.
Was uns etwas gefehlt hat, das war ein sechster Gang im manuellen Getriebe. Vor allem dann, wenn es einmal auf längere Strecken gehen sollte. Jüngere Kunden dürfte das eher nicht vom Erwerb eines solchen Fahrzeugs abhalten. Und die schon leicht vom Benzin-Virus infizierte Nachbarstochter würde den Malus ohnehin nicht bemerken…
Die Preisliste für den kleinsten Hyundai in der stärksten Variante beginnt bei 18.790 Euro.
Fotos: Hyundai