Dakar 2021: „Aufgalopp“ und ein unterschätzter Rallye-Pilot

Die eigentlich letzte große Chance, Erfahrungen für die Dakar 2021 auf der Arabischen Halbinsel zu sammeln, wäre die einwöchige "Rally Du Maroc" gewesen. Aber auch hier funkte Corona dazwischen, sie musste abgesagt werden. Dann legte sich David Castera, Sportdirektor des Veranstalters ASO (Amaury Sport Organisation), richtig ins Zeug und bewies mal wieder, dass er der richtige Mann auf dem wichtigen Posten ist. Als versierter Ex-Rallyepilot und als Spanier natürlich sehr landeskundig, stampfte er innerhalb weniger Wochen die "Andalucia Rally" aus Staub und Stein. Castera und die ASO riefen. Und fast alle kamen. Zumindest diejenigen, die sich mit einem Sieg bei der nächsten Dakar bereits im Vorfeld intensiv beschäftigen.

Carlos Sainz, Dakar-Sieger von 2020, wurde von Sven Quandt (Teamchef und CEO von X-raid) gemeldet, auf einem JCW-MINI Buggy, wie ihn Sainz im letzten Januar in Saudi Arabien zum Sieg geführt hatte. Sainz: „Für den bisweilen engen und eckigen Parcours ist ja der Buggy nicht gerade prädestiniert, der MINI Rally mit kürzerem Radstand ist da besser zu handeln, aber ich probier’s mal“. Gesagt, getan. „El Matador“, der ja auch schon mehrfach Rallye-Weltmeister in jüngeren Jahren war, führte den Buggy derart gnadenlos und dennoch souverän durch Andalusien, dass ihm der Gesamtsieg nicht zu nehmen war.

Da konnte sich Nasser Al-Attiyah auf dem Werks-Hilux noch so anstrengen. Auf Rang 3 lief dann, nach nahezu fehler- und pannenfreier Fahrt, Yazeed Al-Rajhi auf seinem Overdrive-Hilux ein. Al-Rajhi gehört wohl inzwischen zu den am meisten unterschätzten Wüsten-Piloten. Dennoch hat er in seinem Portfolio eine Menge Spitzenplätze aufzuführen. Mal sehen, wann er zum Team-Mitglied von Gazoo „geadelt“ wird. Und Peterhansel, der Geheimfavorit? Er bekam von X-raid den Allradler-MINI zugeteilt. Mit einem solchen Arbeitsgerät hatte der Meister letztens die Baja Poland gewonnen. Nur: Vier Reifenpannen und eine atomisierte Felge bremsten „Mr. Dakar“ dann derart ein, dass ein Rang 4 noch eine Belohnung darstellt.

Alle Spitzenfahrer waren sich nach Ende der Veranstaltung darüber einig: Ex-Kollege Castera hat da eine richtig schöne und anspruchsvolle Rallye aus dem Hut gezaubert. Zu den Laudatoren zählte auch Cristina Gutierrez, die von Sven Quandt einen MINI Rally zur Verfügung gestellt bekam und bei ihrem Debüt für Auto und Team gleich einen wertvollen 8. Platz erreichte. Das dürfte auch X-raid-Chef Quandt überzeugt und Lust auf mehr generiert haben, zumal Teilnehmerinnen immer spärlicher werden und somit vollkommen unterrepräsentiert sind.

Nun, die „Rally Andalucia“ ist zwar ein wertvoller Bestandteil als Probelauf zur nächsten Dakar auf der Arabischen Halbinsel, aber doch nicht die letzte der Sand- und Schotter-Veranstaltungen im Jahr 2020. Die „Baja Portalegre“ in Portugal zieht nochmals zahlreiche künftige Dakarteilnehmer an, um sich und ihre Fahrzeuge kräftig durchzuchecken. Zu alledem kam, dass auch die Rally Dubai kurzfristig wegen Corona abgesagt wurde. Wer dann noch immer nicht genug an Vorbereitungen für das Großereignis im Januar hat und vielleicht sogar noch letzte Personalentscheidungen treffen muss oder möchte, der zieht bereits mit erstem Tross nach Saudi Arabien, um dort im kompatiblen Gelände rund um die nördliche Provinz- und Verwaltungshauptstadt Ha’il an der „Baja Ha’il“ teilzunehmen, die in zwei separaten Teilen innerhalb einer Woche durchgeführt wird. In Ha’il ist zugleich während der Saudi-Dakar am 09. Januar 2021 der erste und einzige Ruhetag der Großen Wüstenschleife.

Als gesichert gilt, dass das X-raid-Team dort einige Fahrer starten lässt, ebenso wie bereits Ende 2019. Im Gespräch mit Thomas Quandt von X-raid war tagesaktuell zu erfahren, dass wohl mit Sicherheit Peterhansel und Sainz dort starten werden.

Fotos: ODC Carly Lopez, X-raid

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