Renault konnte schon immer mehr als brav-bürgerliche Massenmodelle. So starteten die Franzosen mit einem futuristisch angehauchten Sportcoupé furios in die 1980er Jahre. Fuego, auf Deutsch „Feuer“, hieß der temperamentvolle Franzose, der damals Geschichte schrieb: als windschnittigster und vielerorts erfolgreichster seiner Art

Für alle, die keine Erlkönigfotos studierten, kam der Franzose mit dem spanischen Namen für Feuer fast so überraschend wie ein Vulkanausbruch: Im Frühjahr 1980 feierte der Renault Fuego Premiere auf dem Genfer Automobilsalon und nur wenig später stand er als sportlicher Star in den Schauräumen der deutschen Renault-Händler. Fuego? Heute fast vergessen, vollbrachte dieser heißblütige Volkssportler vor 40 Jahren, was die Betagten unter den Familiencoupés, also Ford Capri und Opel Manta, nicht mehr vermochten: Adrenalinhaltige Emotionen freisetzen für atemberaubende Verkaufszahlen.

Klar, in den Club der Produktionsmillionäre konnte der gallische Dynamiker nicht mehr einziehen, denn längst erfuhren die flotten Coupés Konkurrenz durch andere kompakte Kraftsportler à la GTI, GSI oder sogar BMW 3er. Aber ganz vorn in den Sportcoupé-Verkaufscharts mehrerer europäischer Länder platzierte sich der bis zu 200 km/h schnelle Porsche-924-Herausforderer aus Paris trotzdem. Denn tatsächlich weckte der Fuego nicht nur durch die große Glaskuppel-Heckklappe, sondern auch durch turbostarke Fahrleistungen Assoziationen zum Vierzylinder-Porsche. Wer wollte, konnte mit dem Renault Coupé sogar sportlich sparen, vertraute der Fuego doch als erster Sportler auf Diesel-Power. 65 kW/88 PS trieben den im Windkanal auf den damals sensationellen Wert von cW 0,34 getrimmten Selbstzünder auf 180 km/h, das genügte für den Titel „schnellster Seriendiesel der Welt“.

Schicke Sportcoupés waren über viele Jahrzehnte eine gefragte Spezialität von Renault. War es ab 1959 das verführerisch schöne Duo aus Renault Floride/Caravelle, auf dem sich sogar die Filmdiva Brigitte Bardot werbend räkelte, folgten 1971 die extravagant gezeichneten Mittelklasse-Coupés Renault 15/17 mit der Technik des Weltautos Renault 12. So war es nur konsequent, als die Franzosen auch die Bodengruppe und Technik des 1978 eingeführten Renault 18, der den R12 beerbte, mit einer spektakulär konturierten Coupé-Karosserie einkleideten. Der neue Zweitürer erhielt eine als hochexplosives „Aerodynamite“ beworbene Stromlinienform, die sich klar von kantigen Familiensportlern der 1980er wie Audi Coupé oder Toyota Celica differenzierte. Dazu kennzeichneten den Fuego die seit dem Renault 5 fast schon markentypischen Kunststoff-Stoßfänger und ein die Keillinie betonender mattschwarzer Kunststoff-Gürtel bis zur gewaltigen Glas-Heckklappe. Vor allem der vollständige Verzicht auf Chrom-Ornamente wurde stilprägend für das neue Design-Jahrzehnt. Gestaltet hatte die von Fachleuten hochgelobten Fuego-Formen Michel Jardin, der unter dem neu berufenen Renault-Designchef Robert Opron arbeitete. Opron? Ja, das ist der bis 1975 bei Citroën waltende Kultdesigner, der Kreateur von Avantgardisten wie Citroën SM, GS und CX.

Einen Hauch Futurismus zeigte der Fuego zudem durch originelle Räder im Techno-Look, die im Straßenalltag stets asynchron ausgerichtet waren. Ein Element, mit dem wenig später auch der Renault 18 Turbo spielte, denn das Doppel 18/Fuego machte den leistungsstarken Turbo-Benziner in Frankreich massentauglich. So weit war es aber 1980 noch nicht. Zunächst einmal sollte der Fuego als verführerische Delikatesse Renault wieder begehrenswert machen, so wie einst der Capri Ford abheben ließ. Die großen Renault-Erfolge der innovationsfreudigen 1960er und frühen 1970er mit Ikonen wie R4, R5, R16 und dem Weltauto R12 hatten sich durch kuriose Typen wie den birnenförmigen R14 oder den biederen R18 nicht duplizieren lassen und so stagnierten die globalen Verkaufszahlen der Franzosen. Tatsächlich schmolzen die Renault-Verkaufszahlen durch die schlechte Konjunktur auch in Deutschland dahin.

Andererseits waren die frühen 1980er Jahre auch die Zeit des Aufbruchs, verkörpert durch die Songs der Neuen Deutschen Welle, grüner Parteigründungen und einer „Ich-will-Spaß-ich-geb-Gas-Gesellschaft“. Deshalb setzte sich Renault stramme Ziele: 14.000 Fuego wollten die Franzosen jährlich in der Bundesrepublik verkaufen. So viele wurden es zwar nie, aber es genügte, den Ford Capri zu überholen und Opel Manta sowie VW Scirocco zu jagen. Der Fuego zündete ein Feuerwerk, das unter den etablierten Konkurrenten kurzzeitig Angst und Schrecken verbreitete – auf mehreren traditionellen Sportwagenmärkten wie Großbritannien deklassierte der rassige Renault sogar sämtliche Rivalen. In Australien reüssierte der Gallier gegen einige japanische Dynamiker und in Südamerika galt der Fuego als aufregendster Hingucker der Sportcoupé-Szene. Dazu trugen auch Rennversionen mit bis zu 176 kW/240 PS starkem 2,0-Liter-Saugmotor für die „TC 2000”-Tourenwagenserie in Argentinien bei. Tatsächlich verdankte der Franzose seine ungewöhnlich lange Karriere von zwölf Jahren den Südamerikanern, denn in Europa erlosch die Liebe der Fuego-Fans ähnlich schnell wie vulkanische Lava erstarrt.

Vielleicht waren die Formen des Fuego doch zu verwegen für eine langanhaltende Erfolgsstory, jedenfalls endete der Vertrieb in Europa 1986 – und in Nordamerika, wo der Renault über das AMC-(Jeep)-Vertriebsnetz verteilt wurde, kam der Verkauf nie richtig in Fahrt. Dabei hatte doch Karossier Heuliez sogar eine schicke Open-Air-Studie ganz nach dem Geschmack des damals größten Cabrioletmarktes entwickelt. Es nützte nichts, der Fuego hatte in den USA keine Chance, vor allem gegen den Ansturm sportiver Asiaten, und so blieb das Cabrio ein Concept.

Mit dem Namen Fuego beendete Renault übrigens nicht nur die Herrschaft seiner nüchternen Zifferncodes R4 bis R30, sondern weckte auch Urlaubsgefühle. Spanien zählte damals seit kurzem zu den Top-Urlaubsdestinationen für Deutsche, Briten und sogar Franzosen – und dieses Freizeit-Feeling füllte zusätzlich die Schauräume der Renault-Händler. Als der Fuego-Hype 1982 abkühlte, legte Renault nach. Turbo lautete das neue Zauberwort, das Renault in der Formel 1 zu einer Macht machte, und dann den auf 97 kW/132 PS erstarkten Fuego in die Fraktion der Linke-Spur-Jäger auf deutschen Autobahnen integrieren sollte. Es war der Mix aus Leichtbau – der Fuego brachte nur rund eine Tonne auf die Waage – und Aerodynamik, der das Franzosen-Coupé zu Fahrleistungen beflügelte, für die etwa ein Mercedes 280 E Coupé immerhin 136 kW/185 PS aufbringen musste.

Für andere Länder gab es das Franzosen-Coupé auch als kühnen Turbo-Diesel. Eine vernehmlich nagelnde, aber agile und vor allem effiziente Antriebs-Delikatesse, die sogar den bekannt schnellen Citroen CX und Mercedes 300 Turbo-Diesel in Sachen Temperament kaum eine Chance ließ. Allein die Verkaufszahlen des Fuego konnten die Turbos nicht nachhaltig aufladen. Das Feuer war verglüht und die Renault Coupés endeten nach dem europäischen Verkaufsstopp im Jahr 1986 irgendwann fast alle bei Altfahrzeug-Verwertern. So ist der Fuego heute rarer als viele Ferrari. Und das Publikum feiert den Franzosen bei Oldtimershows mit begeistertem Beifall.

Fotos: Renault

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