Dakar 2020: Keine Ruhe vor der Mammut-Etappe

Eine Hammer-Etappe mit insgesamt über 800 Kilometern liegt vor den noch verbliebenen Teilnehmern, über 300 Kilometer Verbindungskilometer, weit über 450 Kilometer an gezeiteten Wertungsstrecken. Dafür darf dann am Tagesziel endlich ausgeschlafen werden: Der Ruhetag steht an.

Doch hat das jüngste Programm irgendwie zu einer Art „Konsolidierung“ der Spitze geführt. Gemeinsam litten alle unter Reifendefekten, auch unter der stets heiklen Navigation, bei der das aktuelle interdisziplinäre Tackling wieder seinen Kampf mit dem offiziellen Roadbook führte. An der Spitze hat sich nicht viel Neues getan. Die besten Wüstenpiloten wissen genau, dass noch eine ganze Woche zu fahren ist, dass es noch wärmer wird, dass die Etappen zeitweise noch länger werden. Da gilt es, mit den körperlichen und mentalen Ressourcen wie auch mit dem Fahrzeug gar pfleglich umzugehen. Ohne gleich deswegen zu bummeln.

Vorneweg hat Carlos Sainz (305, MINI-Buggy) sein Führungslied intoniert, doch Nasser Al-Attiyah (300, Gazoo-Toyota) bleibt quasi im Windschatten, lässt Sainz nur wenige Minuten nach vorne als Gutschrift. Wohl, um irgendwann in der kommenden Woche auf ein Zeichen der Schwäche des Spaniers zu warten. Aber „El Matador“ ist schnell, pfeilschnell. Der zweimalige Rallye-Weltmeister hat einen Speed gefunden, dem keiner folgen kann. Ihm hilfreich sind die Etappenstrukturen: Wenn es flach, nicht gerade tiefsandig und ohne viele Felsen ist, bekommen die Mitbewerber schlicht „lange Hälse“. Team- und Modellkollege Stéphane Peterhansel (302) versucht, mit Sainz und Al-Attiyah mitzuhalten, ohne allzu viel zu riskieren, aber die Zeitabstände werden derzeit eher länger. Sainz und Peterhansel als versierteste Senioren im Feld geben sich tagtäglich das Duell. Und der Franzose will unbedingt als Erster die Dakar auch auf dem dritten Kontinent (erst Afrika, dann Südamerika, dann Asien) gewinnen. Al-Attiyahs Markenkollegen sind etwas weit entfernt, um ihm unmittelbare Schützenhilfe geben zu können. Aber er ist schnell genug, seinen Vize-Platz zu verteidigen.

Und bei den X-raid-MINI sieht es ähnlich aus, obwohl die kleinen Allrad-MINI noch richtig gut platziert sind mit Terranova, Przygonski und Seaidan unter den Top Ten. Serradori, der eigenwillige Franzose, der mit Lurquin unterwegs ist, einem der besten Navigatoren, treibt so die beiden Werksteams von Toyota und X-raid sowie Al-Rajhi auf dem privaten Overdrive-Hilux munter vor sich her, ist schnell, aber dennoch relativ schonend unterwegs. Sein Chevy-V8-Kraftpaket spielt bestens mit. Al-Attiyah hat sich drei, Al-Rajhi und Serradori haben sich zwei Minuten in einer bewohnten Siedlung bei einer Radarmessung eingefangen. Das hätte wohl auch nicht sein müssen. Geht aber aufs Minuskonto. Peterhansel nach dem zweiten Reifenschaden: „Wir stehen inmitten einer Düne, wechseln das Rad, da kommt Carlos (Sainz) vorbeigeflogen. Wir sind flink fertig und wollen uns an ihn dranhängen … vergebene Liebesmüh‘. Carlos hat einen derartig hohen Speed drauf, er ist einfach zu schnell“.

Halbzeit ist bald. Die wichtigsten Zwei- und Mehrkämpfe werden sicher noch folgen. Nach dem Ruhetag, denn dann geht es um alles.

Fotos: X-raid Presse

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