Gang und Gäbe ist seit langer Zeit die Verwendung von Altmetallen in der Stahlproduktion. Doch auch auf dem Kunststoff-Sektor tut sich seit einiger Zeit etwas. Getränkeflaschen aus Polyethylenterephtalat, kurz PET, stehen hier immer wieder im Mittelpunkt. Opel beispielsweise hat sich einst der Deckel der Flaschen angenommen, sie zu einem Granulat verarbeitet und daraus wiederum neue Kunststoffteile gemacht. Unter anderem waren im inzwischen ausgelaufenen Kleinwagen ADAM Stoßfängerbefestigungen, die Wasserabweiser zwischen Motorraum und Spritzwand und die Scheinwerferabdeckung aus diesen alten Deckeln. Auch aus den Flaschen selbst lassen sich hervorragend Stoffe herstellen: Die Plastik-Pullen werden geschreddert, getrocknet, geschmolzen und zu einem Faden gesponnen. Daraus können dann verschiedenste Textilien gewoben werden, die unter anderem in den Stromern BMW i3 und i8 als Sitzbezug zum Einsatz kommen; gut 50 Flaschen werden pro Fahrzeug benötigt. Mazda bezieht jetzt bei seinem neuen Elektro-Crossover MX-30 die Türen mit solchen Geweben und auch Ford setzt schon eine Zeit lang auf PET-Materialien. In den USA wurden daraus vor einigen Jahren Armaturentafeln und Dämmmaterialien für den Focus hergestellt. In Sachen Stoff hat Ford dagegen mit alten Jeans-Resten experimentiert: Die wiederverwertete Baumwolle kam bereits in Türen und Sitzen zum Einsatz.
Noch nicht serien- aber durchaus spruchreif sind die Pläne von Volvo: Die Schweden wollen ab 2025 ein Viertel des im Auto verwendeten Plastiks aus Recycling-Material herstellen. Einen Vorgeschmack gab Volvo mit einer XC60-Studie: Bei dem im Rahmen der Segelregatta Volvo Ocean Race präsentierten SUV ist die Mittelkonsole aus Meeresplastik und alten Fischernetzen hergestellt. Bei Fußmatten und Sitzbezügen setzt Volvo ebenfalls auf PET-Flaschen und bereits gebrauchte Baumwollstoffe, und aus alten Sitzen haben die Schweden neues Dämmmaterial für den Motorraum hergestellt.
Der Einsatz von recycelten Materialien, Verbundstoffen mit Abfallprodukten oder Naturprodukten hat allerdings auch seine Grenzen: Immer dort, wo es direkt um die Sicherheit geht, vertrauen die Hersteller lieber altbewährten Materialien. Das gilt zum Beispiel für die gesamte Fahrzeugstruktur, die im Falle eines Unfalls die Energie aufnehmen muss, aber auch für alle Bereiche rund um den Airbag. Der Hintergrund: Bei wiederverwerteten Materialien kann nie zu 100 Prozent garantiert werden, dass der Ausgangsstoff immer komplett identisch ist. Deshalb kann es zu größeren Streuungen kommen, unter anderem bei der Reißdehnung oder dem Schwingungsverhalten. Außerdem muss schon bei der Entwicklung eines Recycling-Bauteils sichergestellt werden, dass der Rohstoff über die gesamte Bauzeit hinweg verfügbar ist.
Fotos: BMW, Opel, Volvo