Frage: Unser Sohn wird demnächst 18 Jahre alt und benötigt ein eigenes – aus Budgetgründen – gebrauchtes Auto. Worauf sollten wir beim Kauf achten? Und haben Sie noch gute Tipps für ihn für einen sicheren Fahranfang sowie für uns, wie wir unsere Anspannung ablegen können?
Antwort von Hans-Georg Marmit, Kraftfahrzeug-Experte der Sachverständigen-Organisation KÜS:
Wenn die eigenen Kinder das erste Mal ganz allein im Auto unterwegs sind, ist das sicherlich für Eltern eine aufregende Angelegenheit. Selbst wenn man im Rahmen des „Begleitenden Fahrens“, also dem Führerschein mit 17, den Nachwuchs unterstützt hat, bleibt ein gewisses Restunbehagen. Da hilft nur Vertrauen, dass der Sohn oder die Tochter vernünftig sind, sich an die für sie verpflichtende 0-Promille-Grenze halten und auch sonst ihre fahrerischen Fähigkeiten nicht überschätzen. Ich empfehle, den Besuch eines speziell für Fahranfänger konzipierten Fahrsicherheitstrainings. Solche werden unter anderem von Automobilclubs oder von Fahrzeugherstellern angeboten. Hier können die Probanden Bremsen und Ausweichen üben. Sie „erfahren“ auch, was passiert, wenn sie sich etwa von Mitfahrern oder lauter Musik ablenken lassen. Einige Versicherungsanbieter gewähren nicht nur auf den „17er-Führerschein“, sondern auch für die Teilnahme eines solchen Trainings Rabatte bei den Versicherungsbeiträgen. Für ganz vorsichtige Eltern besteht noch die Möglichkeit, über eine Schlüsselprogrammierung die Geschwindigkeit eines gemeinsam genutzten Fahrzeugs zu begrenzen. Einige Autohersteller bieten solche Features an; das funktioniert natürlich nur, wenn der Nachwuchs keinen Zugriff auf den Hauptschlüssel hat.
Wenn es um die Anschaffung des ersten Autos geht, ist aus meiner Sicht das wichtigste Kriterium die Sicherheit. Egal ob es sich um ein Neufahrzeug oder um ein gebrauchtes Exemplar handelt, sicherheitsrelevante Ausstattungsdetails sind wichtiger als eine schicke Lackfarbe, angesagte Anbauteile oder eine leistungsstarke Musikanlage.
Bei einem kleinen Budget werden meist gebrauchte Klein- oder Kompaktwagen ins Visier genommen. Hier sollte man genau hinschauen. Wer eine Mindestsicherheitsausstattung an Bord haben möchte, sollte unbedingt auf das Vorhandensein von ABS und ESP achten. Das Automatische Bremssystem ABS, das ein Auto auch beim Bremsen lenkbar hält, ist auf Basis einer Selbstverpflichtung der europäischen Automobilindustrie seit dem 1. Juli 2004 bei allen Fahrzeugen mit weniger als 2,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht serienmäßig. Bei älteren Fahrzeugen war es oft aufpreispflichtig und ist dort deswegen nicht immer an Bord.
Neben ABS sollte auch unbedingt ESP, das elektronische Stabilitätsprogramm, vorhanden sein. Eine Einbaupflicht für Neuwagen gibt es allerdings erst seit Ende 2014, das heißt, dass bei älteren, gebrauchten Kleinwagen ESP eher selten zu finden ist, da es ebenfalls lange Zeit gerade bei Kleinwagen nur gegen Aufpreis erhältlich war und viele Käufer damals diese Extrakosten scheuten. Gerade für Fahranfänger ist aber ESP sehr hilfreich, da es viele kritische Fahrsituationen sicher entschärfen kann. In einem ESP-System ist ein ABS immer enthalten.
Während ABS und ESP sowie zumindest zwei Airbags (Fahrer und Beifahrer) ein absolutes Muss für Fahranfänger sind, gibt es je nach Budget weitere sinnvolle Extras. Empfehlenswert etwa sind weitere Airbags, idealerweise je zwei Seiten- und Kopfairbags. Auch eine Klimaanlage ist eine gute Investition, da die Aufmerksamkeit bei stickiger Sommerhitze im Auto schnell sinkt.
Die weitere Ausstattung hängt auch vom Einsatzzweck ab; wer etwa häufig nachts unterwegs ist, kann von einem guten Scheinwerfersystem profitieren. Neben besonders leuchtstarken Leuchten mit Xenon- oder LED-Technik sind vor allem in höheren Fahrzeugklassen auch intelligente Lichtsysteme zu finden, die die Ausleuchtung der Fahrsituation anpassen. Allerdings sind solche Fahrzeuge teuer und für Fahranfänger eher selten eine finanziell passende Lösung.
Ein wichtiges Detail für junge Fahrer ist sicherlich eine funktionierende Smartphone-Anbindung sowie eine Freisprechanlage, so dass sie erst gar nicht in Versuchung kommen, mit dem Handy am Ohr zu telefonieren.
Allerdings nutzt die beste Sicherheitsausstattung nichts, wenn das Fahrzeug selbst unsicher ist. Wer einen Gebrauchten kauft, sollte auf eine frische HU-Plakette achten – das minimiert zumindest das Risiko wirklich gefährlicher Mängel. Auch ein Gebrauchtwagen-Check bei einer der Prüforganisationen oder bei einem Automobilclub kann sich lohnen.