Großprojekt Nordschleifen-Sanierung: Zu Fuß im Wohnzimmer von Timo Bernhard und Rudi Speich

Es ist noch „lausig“ kalt an diesem frühen Februarmorgen in der Vulkaneifel. Gerade mal drei Grad zeigt uns das Thermometer an, als wir uns mit einem kleinen Fußmarsch dem Ort des Geschehens nähern. Doch am Himmel zeigt sich immer mehr die Sonne, es verspricht ein zwar kühler, aber dennoch nicht regnerischer Tag zu werden.

Und der Schnee hat sich abgesehen von ein paar kümmerlichen Resten ohnehin seit rund zehn Tagen von hier oben verzogen. Ein Wetter also wie „gemalt“ für das Vorhaben, das wir uns heute Morgen vor Ort ansehen wollen: Die umfangreichsten Bauarbeiten seit fast 50 Jahren an der wohl schönsten und anspruchsvollsten Rennstrecke der Welt, der Nordschleife des Nürburgrings.

Auf „Schusters Rappen“ bewegen wir uns nun zwischen großen Baumaschinen dort, wo ansonsten KÜS-Botschafter Timo Bernard oder KÜS-Prüfingenieur Rudi Speich mit ihren ultraschnellen Porsche und Audi GT-Rennfahrzeugen bei Langstreckenrennen unterwegs sind.

„Die jetzige Wetterlage ist für uns und die Bauarbeiten ein großes Glück. Nachdem wir ja zwei Wochen lang wegen des heftigen Wintereinbruchs gar nicht arbeiten konnten, passt und das jetzt natürlich optimal.“ Alexander Schnobel macht inmitten des wuseligen Gewirrs von großen, dampfenden Asphaltmaschinen, monströsen Kieswalzen, Lkw mit riesigen, steil aufragenden Kippflächen und einer Menge von eifrigen Straßenbauarbeitern einen durchaus entspannten Eindruck. Der 48-jährige Straßenbauingenieur ist Projektleiter der umfangreichsten Sanierungsarbeiten an der legendären Nordschleife des Nürburgrings seit fast 50 Jahren.

Rund vier Millionen Euro hat der Nürburgring in umfangreiche und nachhaltige Sanierungsarbeiten an der „Grünen Hölle“ investiert. Im November 2018 ging es, verteilt auf fünf Streckenabschnitte, los. Das Asphaltband wird in den Streckenabschnitten Flugplatz/Schwedenkreuz, Kallenhard, Wehrseifen, Ex-Mühle und Hohe Acht von Grund auf erneuert. Unter ökonomischen, nachhaltigen, vor allem aber sicherheitsrelevanten Aspekten. Letzterem dient vor allem der Ausbau der FIA-Fangzäune in der „Hatzenbach“ und im „Kesselchen“, der mit in den mehrmonatigen Bauaufwand integriert wurde.

„Heute arbeiten die Firmen in zwei Schichten. Da wird das gesamte Tageslicht ausgenutzt“, erklärt Schnobel. Der 48-Jährige ist seit 2002 am Nürburgring beschäftigt und weiß ganz genau um die besonders hohen Ansprüche und Anforderungen beim Bau bzw. der Sanierung der Nordschleife. „Wir bauen hier eine Rennstrecke, keine Landstraße. Für die aufzutragenden Schichten wird eine spezielle Nürburgring-Rezeptur verwendet. Dabei müssen besonders hohe Anforderungen an den Grip des Untergrunds erfüllt werden. Wir müssen extrem zugfest verarbeiten und zusätzlich mit angebrachten Fixpunkten darauf achten, Gefälle und Neigungen nicht zu verändern, sodass die Charakteristik der Strecke erhalten bleibt.“

Dort, wo wir jetzt zwischen den riesigen Straßenbau-Kolossen stehen, die den heißen, qualmenden Asphalt aus ihren stählernen Bäuchen auf die Rennstrecke ausspucken, ist einer der besonders schnellen und riskanten Abschnitte der „Grünen Hölle“. Bis zu 290 km/h Höchstgeschwindigkeit erreichen die GT3-Fahrzeuge des Starterfeldes von Langstreckenrennen zwischen Schwedenkreuz und Flugplatz.

Die aktuellen, für diesen Zweck eingesetzten Asphalt-Straßenfertiger haben gegenüber ihren Vorgängern einen großen Vorteil. „Sie sind so breit, dass nicht zweimal aufgetragen werden muss. Damit entsteht keine Falz in der Mitte, die dann beseitigt werden müsste“, erklärt Schnobel. Die seit November andauernden Arbeiten sieht er zwar nicht als „eigenes Kind“, betont aber: „Ohne Begeisterung für den Motorsport, wie ich sie habe, wäre man hier fehl am Platz. Das ist etwas Besonderes, hier arbeiten zu können.“

Eifeler Firmen haben den Zuschlag für dieses Mammutprojekt erhalten. Zwischen 40 und 50 Personen arbeiten permanent, wenn „Meter gemacht“ werden. „So etwas kann man nur mit Unternehmen machen, die wissen, was es heißt, im Winter in der Eifel auf höchstem Qualitätsniveau arbeiten zu müssen. Schließlich gilt es, den vorgegeben Zeitrahmen einzuhalten, gleichzeitig aber keinerlei Abstriche bei der Sicherheit zu machen.“

Was auch für die Nachhaltigkeit gilt. „Normalerweise muss man einen Kilometer, der so erneuert wurde, in den nächsten 20 Jahren nicht mehr anpacken“, schildert Schnobel den Rahmen. Und fügt hinzu: „Wir wenden ein besonders umweltschonendes Recyclingverfahren an.“Die längste permanente Rennstrecke der Welt kontinuierlich instand zu halten, sei ein Auftrag, dem man ‘mit großer Gewissenhaftigkeit‘ nachkomme, sagt auch Nürburgring-Geschäftsführer Mirco Markfort.

Alexander Schnobel kann derweil angesichts des Status Quo „nachts ruhig schlafen“. Wohl wissend, dass am 4. März, also in knapp zehn Tagen, die alle drei Jahre anstehende Streckenabnahme durch den Weltmotorsport-Verband, die FIA, stattfindet. Und danach, so glaubt der Projektleiter, wird er sich sicher auch mal eine komplette Runde über die „neue alte Nordschleife“ gönnen.

Fotos: Jürgen C. Braun

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