Schon sprachlich ist der erste Besuch in einem der vielen Wiener Kaffeehäuser für den Auswärtigen eine Herausforderung: Den Mokka (siehe Buchtitel) kennt man ja, aber zwischen Einspänner, Melange, Verlängerten, großen und kleinen Braunen wird die gewünschte Tasse Kaffee zum Abenteuer.
Das Abenteuer hat eine lange Tradition. Susanne Schaber spürt ihr nach und schreibt damit auch einen Reiseführer der anderen Art. Wien liebt das Koffein heißt eine Kapitelüberschrift, und das bringt den Charme dieser Gastronomie bestens auf den Punkt.
In den Kaffeehäusern trinkt und isst man nicht nur. Hier haben Autoren sukzessive ganze Werke geschrieben, zumindest vorgeschrieben. Die Schriftstellerin Ilse Aichinger, zum Beispiel, ist in ihrem Stamm-Kaffeehaus noch über 90-jährig täglich gewesen. Kontakte knüpfen und pflegen als tägliches Ritual.
Eine Form der Kultur, die anderswo nicht anzutreffen ist. Anderswo ist es eher die Regel, dass man aufgegessen und ausgetrunken hat, zügig um die Rechnung bittet und dann den Nachrückern Platz macht. Bisweilen unkommod, aber auch verständlich – der Rubel muss rollen. Nur in Wien (und sicher in Österreich insgesamt) ticken die Uhren anders und funktioniert's auch ohne den sonstwo herrschenden ökonomischen Druck.
Ob man nun demnächst hinfährt oder sich einfach nur in eine andere Welt lesen mag – Susanne Schabers Chronik ist die Lektüre allemal wert.
Susanne Schaber: Einspänner, Mokka und Melange. Wiener Kaffeehäuser – eine Verführung. Insel Verlag; 20 Euro.