Liebe Leserin, liebe Leser,

zum Jahreswechsel erreicht uns in schöner Regelmäßigkeit die gleiche Fragestellung: Was wird das neue Jahr uns bringen? Was können wir ahnen, erwarten, ja sogar vorausbestimmen, weil irgendwelche Beschlüsse oder Gesetzesvorlagen bereits im Vorfeld gefasst wurden. Vieles aber müssen wir in (schöner?) Regelmäßigkeit einfach auf uns zukommen lassen. Dazu gehört auch so manche Zahlenspielerei, die einmal als ziemlich exakte Prognose gedacht war, sich im Nachhinein aber als ziemliche Luftnummer erwiesen hat.

Wie etwa die Zahl von einer Million Elektro-Autos, die nach dem Willen der Kanzlerin vor nicht allzu langer Zeit im Jahr 2020 auf Deutschlands Straßen rollen sollte. Erinnern wir uns: Ab Montag sind es bis zu diesem Datum nur noch zwei Jahre, doch die Aussicht, dass diese äußerst mutige Prognose erreicht werden wird, tendiert gegen Null. Deswegen macht sich die Industrie jetzt um diese Zeit daran, das Positive aus der verbliebenen Gemengelage herauszufiltern und gute Stimmung zu verbreiten. So wie etwa Matthias Wissmann, der Präsident des Verbandes der Automobil-Industrie (VDA).

„Der Hochlauf der Elektromobilität in Deutschland nimmt Fahrt auf“, erklärte dieser kurz vor Weihnachten in Berlin. Wobei der Begriff des „Fahrt Aufnehmens“ natürlich individuell interpretierbar ist. Was für den Einen Kriechgang, ist für den Anderen das Zünden des Turbos. So erklärte Wissmann, der Absatz von Elektrofahrzeugen habe sich gegenüber dem Vorjahr mehr als verdoppelt.

Und auch das Angebot nehme stetig zu. Bis zu Jahr 2020 – könnten Kunden allein aus über 100 E-Modellen der deutschen Automobilhersteller auswählen. Das seien drei Mal so viel wie heute. Aber, um einmal ein mathematisches Beispiel zu nehmen: Zwei ist das Doppelte von eins. Wenn aber zehn erwartet wurden, ist zwei erschreckend niedrig, auch wenn es das Doppel des Vorjahres ist. Alles ist eben eine Frage des Blickwinkels.

An mutigen Voraussagen mangelte es demzufolge auch nicht. Wie immer um die Jahreswende, wenn Alles wieder einmal ein bisschen schön geredet werden soll und wir uns gegenseitig ein wenig Mut machen wollen, weil wir wie immer nicht wissen, was auf uns zukommt. „Wir rechnen damit, dass im Jahr 2025 15 bis 25 Prozent der Pkw-Neuzulassungen einen E-Antrieb haben werden“, ließ der VDA-Präsident in einer offiziellen Stellungnahe wissen.

Rund 40 Milliarden Euro werde die deutsche Automobil-Industrie bis zum Jahr 2020 für die Entwicklung alternativer Energien ausgeben. Ein stolzes Sümmchen, wenn man sich das so recht vor Augen führt. Wie immer aber lautet die entscheidende Frage: Was ist letztendlich der Nutzfaktor des Ganzen? Oder müssen wir Vieles wieder irgendwann achselzuckend unter dem Stichwort „Aktionismus“ verbuchen?

Wir wissen es auch dieses Mal nicht. Weil das Leben, wie es so schön im Tatort am zweiten Weihnachtstag hieß, wie eine Bratwurst sei: „Man weiß nie, was drin steckt“. Weil auch ich das nicht weiß, lasse auch ich mich genauso wie Sie, liebe Leserinnen und Leser, überraschen und wünsche Ihnen einen schwungvollen Start ins neue Jahr.

Ihr Jürgen C. Braun

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