Recht: Bußgelder bei Behinderung von Rettungsgassen

Berichte über Probleme bei Rettungsgassen rissen 2017 nicht ab. Mitte Oktober erhöhte der Gesetzgeber das Bußgeld bei nicht gebildeter Rettungsgasse ums Zehnfache. Doch Vorfälle danach zeigen, dass das Bewusstsein für die Rettungsgasse bei vielen immer noch fehlt.

Bei der Rettung entscheidet jede einzelne Minute

Wie wichtig eine Rettungsgasse ist, zeigte sich Anfang Juli. Auf der Autobahn A9 war ein Reisebus in Brand geraten. 18 Menschen starben, 30 Menschen erlitten zum Teil schwere Verletzungen. Es ging um jede Minute. Die Feuerwehr war nach zehn Minuten vor Ort. Sie hätte jedoch noch schneller an der Unfallstelle sein können. Eine zu schmal gebildete Rettungsgasse kostete wertvolle Zeit.

Wenden, Rückwärtsfahren, Geisterfahren strafbar

Zahlreiche Berichte über Rettungsgassen zeigten, dass dieser Vorfall kein trauriger Einzelfall war. Und einige Autofahrer riskieren, nur weil sie nicht warten können, sogar bewusst das Leben anderer. Da wird Rettungsfahrzeugen in der Rettungsgasse nachgefahren, auf der Autobahn rückwärtsgefahren oder gewendet, um über die Rettungsgasse eine Ausfahrt zu erreichen.

Das Wenden, Rückwärtsfahren oder Fahren entgegen der Fahrtrichtung zählt zu den sogenannten sieben Todsünden des § 315c Strafgesetzbuchs (StGB). Grob verkehrswidrig – also in besonders schwerer Weise – und rücksichtlos – also eigennützig bzw. gleichgültig gegenüber anderen – stellt solches Verhalten eine Straftat dar, wenn das andere Verkehrsteilnehmer bzw. deren Sachen gefährdet. Die Folge: Statt eines Bußgelds droht Fahrern, die im Stau nicht warten können, eine Geldstrafe oder Freiheitsstrafe sowie Führerscheinentzug bis zu fünf Jahre. Auch ohne Straftat drohen 3 Punkte und ein empfindliches Bußgeld. Diese Punkte wiegen seit Mai 2014 um einiges schwerer. Statt ab 18 Punkten ist bereits ab 8 Punkten der Führerscheinentzug möglich.

Sofern die Behörden das Wenden oder Rückwärtsfahren auf der Autobahn oder Schnellstraße als Ordnungswidrigkeit einstufen, droht ein Bußgeld von 200 Euro, 2 Punkten und 1 Monat Fahrverbot. Bei einer Gefährdung sind es 240 Euro, kommt es zu einem Unfall, sind es 290 Euro. In Zusammenhang mit folgenden Verstößen kann das noch weiter geahndet werden.

Höhere Bußgelder auch ohne Rettungsgassenpflicht

Bei anderen Rettungsgassenverstößen waren die Bußgelder vergleichsweise milde. Mit einer drastischen Erhöhung versucht der Gesetzgeber das Verhalten zu verbessern:

– Statt 20 Euro müssen Verkehrsteilnehmer nun 200 Euro zahlen, wenn sie bei stockendem Verkehr auf einer Autobahn oder Außerortsstraße keine Rettungsgasse bilden. Hinzu kommen 2 Punkte in Flensburg.
– Wer zudem Einsatzkräfte behindert, muss mit 240 Euro Bußgeld, ebenfalls 2 Punkten und zusätzlich 1 Monat Fahrverbot rechnen.
– Bei einer Gefährdung oder gar Sachschaden sieht der Bußgeldkatalog nochmals höhere Bußgelder von 280 Euro bzw. 320 Euro vor.

Für eine Behinderung reicht es aus, dass sich ein Einsatzfahrzeug nicht so bewegen kann, wie es ihm bei richtig gebildeter Rettungsgasse möglich wäre.

Bußgelder gelten künftig auch ohne Rettungsgassenpflicht, wenn Einsatzfahrzeugen mit Blinklicht und Einsatzhorn behindert werden.

– 240 Euro, 2 Punkte und 1 Monat Fahrverbot, wenn ihnen nicht sofort freie Bahn geschaffen wird.
– 280 Euro, 2 Punkte und 1 Monat Fahrverbot bei einer zusätzlichen Gefährdung des Einsatzfahrzeuges.
– 320 Euro, 2 Punkte und 1 Monat Fahrverbot, wenn es zu einem Unfall kommt.

Alle Verstöße stellen mit Blick auf eine Fahrerlaubnis auf Probe (FaP) einen schwerwiegenden A-Verstoß dar. Das bedeutet: Die Fahrerlaubnisbehörde kann die Probezeit um zwei Jahre verlängern und die Teilnahme an einem Aufbauseminar anordnen. Folgt ein weiterer Verstoß kann eine MPU drohen.

Beinahe-Unfall reicht für Gefährdung

Für eine Gefährdung ist kein Zusammenstoß erforderlich. Ein Schaden muss nur sehr wahrscheinlich gewesen sein. So gefährdet jemand beispielsweise Einsatzkräfte, wenn er vor einem Rettungsfahrzeug ausschert und es einen Unfall nur durch eine Vollbremsung verhindert. Vollkommen ausreichend ist, dass es nur beinahe zu einem Unfall gekommen ist. Auch wenn es gerade noch mal gut gegangen ist, kann ein Bußgeld wegen Gefährdung drohen.

Rettungsgasse immer zwischen linker Spur und der Spur daneben

Eine Rettungsgasse bilden, sobald und solange der Verkehr stockt, sollte jeder auch so. Schließlich kann jeder selbst plötzlich in Not geraten und ist froh, wenn Hilfe da ist.

Wer sich unsicher ist, wo er Platz für die Rettungskräfte lassen muss, dem hilft ein Blick auf die Oberfläche seiner rechten Hand. Der Daumen stellt die äußerste linke Spur dar. Die anderen Finger stehen für die daneben liegenden Spuren. Die Rettungsgasse liegt dann bei egal wie vielen Spuren immer zwischen Daumen und Zeigefinger.

Quelle: Christian Günther/anwalt.de

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