Dakar 2017: Hat sich die Rallye überholt?

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Wenn sich nichts Grundlegendes am Konzept ändert, gibt es keine Zukunft für die Dakar-Rallye, so ein Teilnehmer, nachdem er in Wertung das Ziel in Buenos Aires erreicht hatte.

Was führte zu dieser insgesamt doch recht harschen Ansicht? Wir hatten vor einigen Tagen bereits auf einige grundsätzliche Schwächen der Veranstaltung hingewiesen: Viel zu lange Liaisons (Verbindungsetappen), die ein Vielfaches der Streckenlängen der eigentlichen, gewerteten Prüfungen ausmachten. Mehrere gecancelte Prüfungen wegen Regens, Überschwemmungen und Erdrutschen: hier waren die möglichen Umleitungen nicht im Plan B berücksichtigt worden. Dadurch viel zu späte Ankunftszeiten in den Camps/Biwaks, damit verbunden eine viel zu kurze Reparaturzeit für die Fahrzeuge und zu geringe Regenerationszeiten für die Fahrer und Mechaniker. Die ungewohnten und ungewöhnlichen Höhen, innerhalb derer sich die Teilnehmer (fast sechs Tage lang) alleine in Bolivien aufhalten mussten, führten zu körperlichen Kollapsen, die wiederum zu Unfällen führten. Es kann doch nicht sein, dass für insgesamt knapp 3000 km an Wertungsstrecken an die 9000 km Gesamtfahrstrecke bewältigt werden müssen. Die Kosten sind inzwischen derart hoch, dass auch die Zahl der teilnehmenden Teams deutlich geschrumpft ist. Das hätte dem Veranstalter ASO (Amory Sports Organisation) bereits im Vorfeld auffallen müssen.

Das Endergebnis lädt ebenfalls zu kritischen Betrachtungen ein: nur wenn ein gewaltiges finanzielles Potenzial nebst Technikpaket und hochklassigen Fahrern vorhanden ist, kann ein Team vom Sieg träumen. Peugeot als Automobilhersteller hat mit vier Fahrzeugen und einem potenten Hauptsponsor die ganze Entwicklung professionell betreiben können. Dazu ein gemischtes Team aus äußerst erfahrenen und jüngeren Fahrern. Peugeot ist die einzige Veranstaltung gefahren, die mit der Dakar vergleichbar ist: die Moskau-Peking (China)-Rallye, mit Doppelsieg übrigens. Der 3008 DKR ist ein Buggy, dem markante Konstruktionsvorteile zugeordnet sind, während die Konkurrenz von Toyota und MINI noch am Allradkonzept festhält.

Und alleine Leistung beschert noch keinen Sieg, wie Toyota Gazoo nachwies. Die waren mit zwei Spitzenteams angetreten: Einer der Favoriten, Nasser Al Attiyah, zerlegte schon in der dritten von zwölf Prüfungen seinen Achtzylinder so vehement, dass damit das Aus besiegelt war. Heißt: 50 Prozent des Teams waren weg vom Fenster. Mit anderen Hilux-Teams kooperierte Gazoo (natürlich) nicht. Als sich dann aber zwei mehr oder weniger private Toyota-Piloten für den japanischen Konzern daran machten, so gut es ging, die Kohlen aus dem Feuer zu holen, waren Nani Roma und Conrad Reichenbach plötzlich gefragte Gäste im Toyota-Service. Diese Vorgehensweise ist ein no go.

Unter dem Strich gewann Peugeot also die Buggy-Klasse, Toyota die 4×4-Klasse. Für die X-raid-Angestellten war diese Dakar nicht gerade ein gefundenes Fressen. Die Minis hatten einfach nicht genügend Speed, um den schnellen Toyota-Pickups zu folgen, von einzelnen wenigen Wertungen mal abgesehen. Zudem kam das Pech, die beiden Spitzenfahrer Hirvonen und Al Rajhi durch gesundheitliche und Navigationsprobleme vorzeitig in mittlere Position zu verlieren. Aller Ehren wert allerdings, dass von acht MINI deren sieben in Wertung ankamen. Terranova und der junge Pole Przygonski machten mit den Plätzen 6 und 7 noch am meisten Freude für ihren Teamchef Sven Quandt, der sich nach der Rallye ziemlich unverhohlen darüber äußerte, doch in Zukunft über die Buggy-Weiterentwicklung nachzudenken. Die Dakar wird sich gründlich mausern müssen, um ihren Ruf nicht vollends zu verlieren.

Text: Frank Nüssel
Bilder: Teams

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