Es gibt kurz vor Ende einer so langen Fahrt immer zwei Verhaltensphilosophien: die einen sagen (und praktizieren es auch), man müsse taktisch fahren, um erreichte Platzierungen kurz vor Ende risikoarm zu verwalten, die anderen tendieren zur gegensätzlichen Taktik: selbst nochmals richtig zu attackieren, dem Gegner das Finale so schwer wie möglich zu machen, um selbst den einen oder anderen Platz noch gut zu machen.
Erste Überraschungen kurz nach dem Start: Dünen aus weichem Tiefsand, zwar nur 50 km lang, aber doch mit Spätwirkungen. Wer es konnte, durfte regelrecht im feinen Gekörn surfen und dabei noch schnell sein. Anschließend kam eine WRC-ähnliche Prüfung, die für die Vollgasartisten eine wahre Freude war, wenngleich nicht ganz ohne Tücken. Es wurde schwül-warm, nahe an die 40 Grad. Auf insgesamt 292 km gewerteten Strecken kam es zu hautengen Duellen. Vor allem Loeb und Peterhansel, die Peugeot-Teamkollegen, kachelten oft parallel nebeneinander her, als gäbe es keinen Morgen. Was zu erwarten war, traf ein: Loeb konnte gegenüber dem 12-maligen Dakargewinner nur 19 Sekunden gutmachen, bei einem Gesamtrückstand von über 5 Minuten ein Klacks. Peterhansel sah sich das in aller Ruhe an und ließ Loeb gewähren. Damit hat der 9-fache Rallye-Exweltmeister zwar ein halbes Dutzend Etappen gewonnen, aber sicher noch nicht die ganze Dakar.
Die MINI melden sich sichtbar zurück! Sie hatten gegen die Peugeot 3008 bislang keine echte Chance (wie auch andere Konkurrenten nicht), fighteten aber gegen die mächtigen Toyota Hilux mit ihren starken V8-Motoren mehr als ehrenhaft. Im Etappenziel Rio Cuarto hatte Routinier Terranova mit Co Andy Schulz (MINI) dann den 3. Platz geschafft: damit Roma (Toyota Overland) und Désprés (Peugeot 3008 DKR) kalt erwischt. So hielt Roma seinen 4. Platz im Gesamtklassement und der Franzose seinen 3. Rang. Al Rajhi auf dem John Cooper Works MINI, durch ein gesundheitliches Malheur vor acht Tagen schon weit zurückgefallen, erkämpfte sich, nach langen Duellen mit dem Gazoo-Piloten de Villiers, der an diesem Tag das Nachsehen hatte, den feinen 5. Tagesrang. Nur Boris Garafulic (MINI) gab nach etlichen Problemen auf, und das am vorletzten Tag.
Das Finale am Samstag endete in einem 64 km langen Rundkurs, bei dem keine ernsthaften Angriffe mehr zu befürchten waren. Da wird ähnlich unter den Verbliebenen verfahren, wie am letzten Tag der Tour de France: No attacks.So rollte man nach irrwitzigen 722 km Verbindungsetappe recht einträchtig im Zielort Buenos Aires ein und stellte sich stolz den Fotografen und Kamerateams. Stéphane Peterhansel hat seinen 13. Dakartitel schlussendlich souverän eingefahren und die Führung in den letzten beiden Tagen gegen den jungen Wilden Sébastien Loeb grandios verteidigt. Déprés als dritter und ebenfalls auf dem 3008 DKR komplettierte das französische Terzett. Eine respektable Vorstellung über die vollen zwölf Tage bot Nani Roma auf dem Overdrive-Toyota: er hielt sich aus dem Gemetzel der Peugeotfahrer heraus und landete auf dem 4. Platz, womit er seine große Klasse bestätigte.
De Villiers auf dem Gazoo-Toyota mag wohl als Fünfter nicht so recht glücklich sein: zu viele Navigationsfehler und einige technische Gremlins kosteten ihn möglicherweise einen Podestplatz. Orly Terranova auf dem ersten der drei John Cooper Works MINI lief auf Platz 6 ein. Ihn mag das vielleicht befriedigen, seinen Teamchef Quandt, in Verbindung mit den übrigen MINI Platzierungen, wohl etwas weniger. Es deutete sich bereits 2016 an, dass die Reihensechszylinder von BMW in der Leistung, obgleich um einige PS erstarkt, nicht an Peugeot und Toyota herankommen. Aber sie sind zuverlässig: von acht gestarteten MINI kamen sieben in Wertung an. Stephan Schott, der inzwischen 64 jährige Privatier (MINI) lieferte sein bislang bestes Dakar-Ergebnis mit Rang 15 ab, alle Achtung.
Eine Abschluss- Betrachtung schließt dann unsere Dakar 2017-Reportagen übermorgen ab.
Text: Frank Nüssel / CineMot
Bilder: Teams