Die Konstellation könnte spannender kaum sein: Ein enfant terrible schreibt über zwei, von denen die eine kaum je eigenständig in der Öffentlichkeit wahrgenommen wurde, über den anderen kaum je Informationen an die Öffentlichkeit kamen.
Fréderic Beigbéder, das erwähnte enfant terrible des französischen Literaturbetriebs, hat etwas zu einem Roman verarbeitet, das für viele Leserinnen und Leser schon als Stoff eine Riesenüberraschung sein dürfte.
Oona O'Neill, später Oona Chaplin, heiratete mit 18 Jahren die Stummfilm-Legende Charles Chaplin. War der Mann hinter Moderne Zeiten und Der große Diktator, um nur zwei seiner Meisterwerke zu nennen, bis dahin bekannt für skandalträchtige Affären, hielt die Ehe mit der 36 Jahre jüngeren Oona bis zu Chaplins Tod 1977. Beide zeigten die Zuneigung füreinander lebenslang auch in der Öffentlichkeit, Oona nahm für ihren Mann ein Zerwürfnis mit ihrem Vater, dem Dramatiker Oona O'Neill, in Kauf.
J. D. Salinger hat ein einziger Roman genügt, um sich einen Platz in der Weltliteratur zu sichern: The Catcher In The Rye (dt: Der Fänger im Roggen) hat ganze Generationen geprägt. Salinger selbst hielt sein Leben konsequent von der Öffentlichkeit fern und schreckte noch im hohen Alter nicht davor zurück, Neugierige vor seinem Haus höchstpersönlich mit entsprechenden Gesten und Drohungen zu vertreiben.
Dabei wäre, so Fréderic Beigbeder, Salinger durchaus gerne an Chaplins Stelle gewesen, was Oona betraf. Die hatte mit Salinger eine Romanze, aber nicht mehr – sie entschied sich gegen ihn und für Charles.
Diese Romanze ist Beigbeders Stoff – als Geschichte einer gescheiterten Liebe habe er aufschreiben wollen, sagt Beigbeder. Das Ergebnis ist ein Roman, der die Phantasie anregt: Was wäre gewesen, wenn … und die Erkenntnis schmerzlich vermittelt, dass man sich irgendwann mal für einen Weg entscheidet – oder sich eben nur ein einziger ergeben kann. Wie ernst der Autor seinen Stoff nimmt, zeigt ein privates Detail: Seine Tochter aus dritter Ehe heißt Oona.
Frederic Beigbeder: Oona und Salinger. Piper Verlag; 10 Euro.