Vielleicht haben Sie sich schon über sie geärgert, weil sie von ihr beim Waldspaziergang ein paar Pikser abbekommen haben. Vielleicht sind Teile von ihr aber auch ein Inhaltsstoff ihres Lieblinsshampoos. Außen pfui, innen hui: Die Brennessel verbirgt ihre inneren Werte sozusagen mit brennender Leidenschaft.
Früher waren diese inneren Werte gut bekannt, dann gerieten sie in Vergessenheit. Zurück blieb mehr oder minder der Ruf der grünen Blätter als Unkraut. Was sie wirklich zu bieten hat, beschreibt Gabriele Leonie Bräutigam in einem umfassenden und großformatig angelegten Ratgeber mit zahlreichen Fotos.
Eisen, Eiweiß und Chlorophyll gehören unter anderem zu ihren Vorzügen. Das lässt sich kulinarisch nutzen, als Salat, zu Quiche, zu Pies, zu Pesto – sogar zu Knabberchips. Die sind vielleicht nicht was für jeden Tag, weil klassisch frittiert und entsprechend energiehaltig. Aber lecker. Sogar zum Einfärben von Spätzleteig eignen sich die grünen Blätter – das sieht im Nebeneffekt auch noch originell aus.
Und wie schmeckt das? Es erinnert an grüne Salate, ein wenig an Spinat ohne Zusätze. Was daraus wird, entscheidet wie so oft die Würzung, und da lässt die Autorin reichlich Phantasie spielen. Ihre Familie hat sich übrigens gerne zum Testessen einspannen lassen.
Wie gesagt, Brennessel-Kosmetik gibt's zu kaufen. Wer das mal selbst machen möchte, findet hier entsprechende Anleitungen.
Sehr hilfreich ist eine Übersicht, welcher Teil der Pflanze in welcher Jahreszeit verwendet werden kann, denn sogar die Brennesselsamen lassen sich nutzen. Brennesseln muss man übrigens nicht unbedingt sammeln, sie können sich auch per Blumenkasten nützlich machen. Und getrocknet gibt's sie eh zu kaufen. Ein Interview mit einem Gewürzhersteller rundet das Werk ab.
Bräutigams Hymne auf ein verkanntes Blattgemüse ist längst nicht nur was für Ökos. Es richtet sich an alle, die Spaß am Experimentieren haben und gerne Neues, Ungewohntes ausprobieren. In der Küche und, ja, auch im Kosmetiktiegel im Bad. Übrigens: Die medizinische Wirkung der Brennessel, zur Frühjahrskur, zur Unterstützung ganz verschiedener Heilprozesse, gibt's sogar in der Apotheke. Zur Unterstützung zur Behandlung rheumatischer Erkrankungen. Als Chips schmecken die Brennesseln allerdings besser…
Gabriele Leonie Bräutigam: Brennessel. Hans Nietsch Verlag; 19,90 Euro.