Charlys PS-Geflüster

Liebe Leserin!
Lieber Leser!

Als ich vor mittlerweile einigen Jahrzehnten eines Morgens vor meiner Fahrschule stand, um meine erste praktische Fahrstunde anzutreten, trug sich folgendes zu: Nach ein paar Kilometern und ungefähr einer Viertelstunde im Auto, meinte mein Fahrlehrer, ich sollte doch bitte mal ganz kurz wieder an die Fahrschule zurück fahren. Dort angekommen, drehte er sich zu mir um und fragte mich ein wenig augenzwinkernd: „Na Herr Braun, wie lange fahren wir denn schon schwarz?“

Zugegeben: ich weiß es heute nicht mehr, aber mein Kopf muss damals wohl vor lauter Verlegenheit tief rot angelaufen sein. Wahr war zu diesem Zeitpunkt Anfang der 1970er Jahre: Mit meinem besten Kumpel, der ein Jahr älter war als ich, hatte ich damals schon heimlich auf den kleinen Sträßchen außerhalb unseres Dorfes im Hunsrück die ersten Fahrversuche im Ford Taunus 12M dessen Vaters unternommen. So ganz unvorbereitet war ich also nicht in den Fahrunterricht gegangen.

Ich war vielleicht 16 oder 17, als ich zum ersten Mal (zunächst noch unerlaubter Weise) als Fahrzeugführer unterwegs war. Was allerdings kaum erwähnenswert ist im Vergleich zu dem Vorfall, der sich in dieser Woche an der südlichen Weinstraße in Rheinland-Pfalz abspielte. Dort holte die Polizei ein Auto aus dem Verkehr, das sich in ziemlich heftigen Schlangenlinien über die Straße bewegte. Mal vorwärts, mal seitwärts. Im Normalfall gehen die Gesetzeshüter in solchen Fällen davon aus, eine Person hinter dem Lenkrad anzutreffen, die zuvor dem Alkohol erheblich zugesprochen hat und aufgrund dessen nicht mehr fahrtüchtig ist.

In diesem Falle aber staunte die Besatzung des Streifenwagens nicht schlecht: Hinter dem Auto saß ein junger „Mann“ – wobei das Wort Mann eher unangebracht ist – von dem sich später heraus stellte, dass er gerade erst aus den letzten Pampers geschlüpft sein muss. Der „Fahrzeugführer“ war gerade einmal drei Jahre alt. Der junge Erdenbürger reichte kaum bis ans Lenkrad. Das Auto hatte er seiner Mutter 'stibitzt'. Wie der hoffnungsvolle junge Automobilist das Fahrzeug überhaupt ans Laufen gebracht hat, ist bis heute allen ein Rätsel. Der Polizei, der Mutter, in deren Obhut der Kleine wieder übergeben wurde und wahrscheinlich dem abenteuerlustigen Ausflügler selbst auch.

Noch war der Junge in Schrittgeschwindigkeit unterwegs und es wurde niemand verletzt und auch das Auto nicht beschädigt. Wenn ich mir aber vorstelle, dass die zukünftige „Kariere“ des jungen Autofreundes in ähnlich Atem beraubenden Tempo verläuft, dann dürfte er wohl mit einer Sondererlaubnis zum ersten Schultag mit dem Auto seines Vaters anreisen. Als Fahrer, versteht sich. Da muss ich mich mit meinen 17 Jahren als Ersttäter vor mittlerweile mehr als 45 Jahren eigentlich ganz verschämt verstecken.

Früh übt sich: In diesem Fall hat das Sprichwort wohl in der Tat seine Gültigkeit.

Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende.

Ihr Jürgen C. Braun

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