Recht: Bloße Schätzung reicht nicht aus bei Rotlichtverstoß an Ampel

Wer bei Rot über die Ampel fährt, muss mit Sanktionen rechnen. Dabei kommt es auch darauf an, wie lange die Ampel schon auf Rot stand. Erst wenn über eine Sekunde vergangen ist, liegt ein „qualifizierter Rotlichtverstoß“ vor. Sonst ist es lediglich ein „einfacher“ Verstoß, und das bedeutet weniger Bußgeld und kein Fahrverbot. Das „Gefühl“ eines Polizisten reicht für die Schätzung der Dauer einer Rotphase nicht aus.

Für das Amtsgericht in Lüdinghausen ist klar: Die Schätzung auch eines erfahrenen Polizeibeamten über die Dauer der Rotphase reicht nicht aus, um einen qualifizierten Rotlichtverstoß festzustellen. Es muss eine Zeitmessung hinzukommen, wie etwa eine Zählung, so die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV). Anders als in Österreich gebe es ja auch bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung nicht das „Amtsauge“.

Der Autofahrer ist als Schausteller viel unterwegs. Ein Polizist beobachtete ihn dabei, wie er bei Rot über eine Fußgängerampel fuhr. Der Polizeibeamte war privat unterwegs und hielt an der Ampel. Er schätzte die Dauer der Rotphase auf mehrere Sekunden, jedenfalls auf mehr als eine Sekunde. Wegen des damit qualifizierten Rotlichtverstoßes erhielt der Autofahrer einen Bußgeldbescheid über 250 Euro.

Das Gericht stellte jedoch lediglich einen „einfachen“ Rotlichtverstoß fest. Es könne nicht geklärt werden, ob die Ampel tatsächlich schon länger als eine Sekunde auf Rot stand. Die rein gefühlsmäßige Schätzung auch eines erfahrenen Polizisten reiche nicht. Zwar seien nicht zu hohe Anforderungen zu stellen, jedoch müssten weitere Anhaltspunkte vorliegen. Der Polizist hätte weder mitgezählt noch auf die Uhr geschaut.

Die Geldbuße für einen einfachen Rotlichtverstoß liegt bei 90 Euro. Weil der Autofahrer aber schon früher im Straßenverkehr auffällig geworden war, musste er 120 Euro zahlen.

Copyright: Verkehrsrechts-Anwälte im Deutschen Anwaltverein

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