Buchtipp – Cervelat

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Aus der Türkei kennt man die Sucuk, aus Frankreich die luftgetrocknete Salami und die nur in der Pfanne sich wirklich entfaltende Boudin, und kein Full English Breakfast kommt ohne sausages aus. Und hierzulande finden sich Wurstfans geradezu in einem Eldorado: Die Kleinen aus Nürnberg, die saarländische Lyoner, die hessische Rindswurst, der Feldkieker aus dem Eichsfeld … Allein die Cervelat mag außerhalb ihrer Heimat noch keine große Bekanntheit erlangt haben.

Das könnte sich mit diesem Buch ändern! Was bei der Namensklärung beginnt: Denn was mancherorts als Synonym für eine einfache Salami gilt, hat mit dem gleichnamigen Schweizer Produkt nichts zu tun. Das ist eine Spezialität, die von außen der zitierten Rindswurst oder Lyoner ähneln mag, als Innenleben aber zahlreiche Besonderheiten hat. Al dente muss sie sein und nur in einem Naturdarm ist sie die Schweizer Nationalwurst, wie es der Untertitel sagt.

Was an sich schlicht zur Nahrungsaufnahme gedacht war, war im Falle der Schweizer Cervelat sogar schon Gegenstand von Gemälden und Liedern, und dass einzelne Metzgereien mit ihrer Haus-Cervelat werben, gehört ja schon zur Selbstverständlichkeit in Sachen Marketing.

Mindestens so interessant wie die Theorie ist logischerweise die Rezept-Praxis. Und mit Anwendungsbeispielen geizt dies großformatige Buch wahrlich nicht. In Suppen und Salaten, mit dem vormaligen Un- und heutigen Edelkraut Bärlauch, mit so exquisiten Ergänzungen wie Fleur de sel, ja, sogar als Variation berühmter internationaler Spezialitäten macht sie eine gute Figur. So muss es nicht immer Boeuf Stroganoff sein – das russische Nationalgericht schmeckt auch, ja richtig, mit Cervelat. Sogar in der Art eines Thai-Curry lässt sie sich zubereiten, und das wirkt nicht wie eine kulinarische Verrenkung zwecks Originalität um jeden Preis!

Besonders charmant allerdings ist sie als Arbeiterkotelett, d. h. paniert, gebraten und mit allerlei Beilagen genossen. Ein Rezept aus Zeiten, da weniger betuchte Berufsgruppen sich Fleisch selten (wenn überhaupt) leisten konnten. Ein Rezept, das den eingangs beschriebenen Siegeszug vieler Wurstsorten noch einmal verdeutlicht. Nicht zuletzt eine besonders köstliche Zubereitungsart. Zum Vergleich: Wer ein wesentlich teureres Steak vom Rind mal irgendwo durch falsche Zubereitung nach Schuhsohlenart serviert bekam, weiß, wovon hier die Rede ist.

Heinz von Arx (Hg): Cervelat – Die Schweizer Nationalwurst. AS Verlag; 44,95 Euro.

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