Heidi Hetzer: Halbzeit in Las Vegas

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Leider wieder unfreiwillig: Hudo steht in Terrys Werkstatt. Hudo hat zwei Probleme: Verteiler und Benzinpumpe. Aber das kriegt Terry wieder hin, er kennt sich aus mit Promis und deren Autos, denn sogar Andre Agassi ist sein Kunde.

Auch das Filmteam des NDR, das Heidi eine ganze Woche lang begleiten wollte, musste wieder heimfliegen. War wohl nix mit der Durchfahrt durch das glitzernde und schillernde und bunt beleuchtete Las Vegas. Das sollte der krönende Abschluss des Fernsehberichtes werden. Egal. Dafür gab es andere Highlights.

Hudos Ankunft in Amerika zum Beispiel. Abgesehen davon, dass Heidi überglücklich war, ihren Hudo wieder in Empfang nehmen zu können, waren das hier Hudos erste Kilometer in Amerika. Obwohl er in Detroit gebaut wurde, ist er nie in den USA gefahren worden. Bis zu jenem 15. Juli 2015. Hudo wurde damals gleich nach seiner Fertigstellung nach Norwegen verschifft, wo er den Chauffeuren einer Whisky-Destillerie treue Dienste tat. Bis dieser Hudson Great Eight in ein Museum kam. Der Inhaber dieses Museums, Udo Schulz, starb 1985. Seine Tochter erbte unter anderem diesen fahrbaren Untersatz namens Hudson und hat ihn sechs Jahre lang erfolglos im Internet inseriert. Bis Heidi Hetzer dieses Auto fand – und kaufte. Bei ihr heißt er „Hudo“, zum Gedenken an den früheren Besitzer Udo Schulz.

Hudo hat inzwischen 98.000 km auf der Uhr. „In Amerika wird er wieder zur Jungfrau“, sagt Heidi lachend. Denn Vorkriegsautos hielten noch nicht so lange. Deren Tacho reichte nur bis 99.999 km. Dann sprangen sie wieder auf Null. Als wir über Heidi’s letzten Aufenthalt (nach elf Monaten) berichten, war sie bereits drei Wochen in Amerika – ohne Hudo – und sie wohnte bei Kalle. Den kennt sie schon ewig. Kalle hatte vor 65 Jahren bei ihrem Vater in Berlin gelernt und ist später ausgewandert. Aber sie haben sich nie aus den Augen verloren. Wie schön, dass man überall auf der Welt Freunde hat!

Heidi ist zwar eine Berliner Stadtpflanze, aber trotzdem macht ihr die enorme Größe der USA zu schaffen: Schnell mal was einkaufen ist nicht. Alle Geschäfte haben unvorstellbare riesige Angebote: Es gibt Hunderte von Cornflakes-Sorten, Milch-, Kaffee- und Brot-Arten. Ziemlich verwirrend das Ganze. Aber das Wetter ist immer schön. Vor allem hier in der Gegend von L. A. „It never rains in california.“ Summt sie mit, sooft sie es hört.

Doch die Trockenheit hat auch Schattenseiten. Die Wiesen sind natürlich nicht so schön grün sondern grau-gelb verbrannt. Wasser ist knapp und teuer. Meist wachsen hier sowieso nur Kakteen. „Sogar der Mond ist hier größer als zu Hause“, meint Heidi.

Kalle hat ihr viel gezeigt und ließ Heidi in Erinnerungen schwelgen, auf dass sie dieses Solo (ihre Zeit ohne Hudo) gut übersteht. Sie waren in Squaw Valley, dem Ort der Olympischen Winterspiele von 1960. Und am Lake Tahoe. Hier war sie an ihrem 60. Geburtstag, als sie mit ihrem Sohn Dylon die Panama-Alaska-Rallye gefahren ist. Und sie sind einen Teil der Route 66 gefahren. Genau hier ist sie 1961 mit einem VW Käfer von eben dieser Route 66 auf den Pazifik gestoßen.

Vor eineinhalb Wochen war sie dann auf dem Weg zum Hafen. Hudo auspacken. Rasch wird sie sich wieder ans Rechtsfahren gewöhnen. Unterwegs hat sie auf dem Highway 405 nochmal Halt gemacht und sich das Getty-Museum angeschaut und die Wahnsinnskulisse von S. F. genossen.

San Francisco mit der Golden Gate Brücke, der früheren Gefängnisinsel Alcatraz, der berühmten Lombard-Road, der Fisherman’s Wharf und Pier 39, auf dem sich hunderte von Seelöwen räkeln, ist nicht der schlechteste Ort auf der Welt. Heidi kam ins Schwärmen – und dann kam sie zu spät: Hudo war schon da. Quarantäne, Zollformalitäten, alles erledigt. Sie war überglücklich, endlich wieder mit ihm vereint zu sein.

Sie ist jetzt nicht mehr ganz auf der Route von ihrem Vorbild Clärenore Stinnes, aber was soll‘s. Clärenores Leistungen sind ohnehin unerreichbar. Außerdem war Clärenore ja auch viel jünger als Heidi. Noch drei Monate wird sie den Norden Amerikas durchqueren. Wir bleiben dran.

Text: Jutta Sein
Fotos: Heidi Hetzer

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