Rallye WM: Schaufenster für die Industrie

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Volkswagen Polo, Hyundai i20, Ford Fiesta, Opel ADAM, Škoda Fabia, Citroën DS3: Alltags- und Durchschnittsautos, die man in der Regel eher auf dem Supermarkt-Parkplatz um die Ecke antrifft, als sie auf einer Rennstrecke vermutet. Und doch: Zumindest die optische Basis dieser Kompakt-Fahrzeuge zieht von Donnerstag bis Sonntag dieser Woche wieder Zehntausende von Motorsport-Begeistern in den Bann, wenn die Rallye-Weltmeisterschaft rund um Trier in den Mosel-Weinbergen und im Hunsrück auf einem ehemaligen Militär-Übungsgelände einen Lauf auf deutschem Boden bestreitet. Dann wird dieser Wettbewerb, der so etwas wie die „Formel 1 des kleinen Mannes“ ist, zum Schaufenster der Industrie für die überzüchteten Versionen ihrer Bestseller-Produkte.

Zehntausende von Zuschauern aus halb Europa werden erwartet, wenn die Rennversionen dieser kleinen Flitzer, mit denen Papi normalerweise auf die Arbeit und Mutti zum Einkaufen fährt, im rasenden Tempo durch winklige Weinberge flitzen, über asphaltierte Sprunghügel fliegen und sich im Kampf um Sekunden-Bruchteile duellieren. Dann heißen die Fahrzeuge auch nicht nur Polo, i20, ADAM Fabia, Fiesta oder wie auch immer, sondern tragen zusätzliche Bezeichnungen wie etwa WRC (World Rallye Cars), R2 (zweite Rallye-Ausbaustufe) oder Super 2000 (eine bestimmte Wettbewerbs-Kategorie). Dann haben sie 300 PS und mehr unter der Haube, sind kleine, gewaltige Wunder der Technik, mit einem spartanischen Käfig als Innenleben und so wenig Eigengewicht wie möglich.Für die Hersteller aber ist dieser Wettbewerb im Angesicht der Kunden wie ein riesiges Schaulaufen. „Wir zeigen die Konkurrenzfähigkeit unserer Produkte unter schwierigsten Einsatzbedingungen“ hatte Volkswagen Motorsport bereits beim „Projekt Dakar“ verlauten lassen, als die Konkurrenz dem Wolfsburger Race Touareg hoffnungslos hinterher fuhr. Genau das Gleiche tut Europas größter Autobauer jetzt mit dem Polo, der in dieser Version den Zusatz „R WRC“ trägt. Drei dieser „fliegenden Hasenkästen“, voran der amtierende Rallye-Weltmeister Sébastien Ogier (Frankreich), dominieren die WM. Und alle Welt sieht, wenn die weiß-blauen Polos mit dem Großen „R“ auf der Karosserie auf Asphalt und Schotter, auf Schnee, Eis und Matsch vorne weg düsen.

Die größte Konkurrenz erwächst den Wolfsburgern mit dem südkoreanischen Hyundai-Konzern. „Ich habe mich für Hyundai entschieden, weil sie das höchste Budget und die besten Aussichten haben, etwas Großes auf die Beine zu stellen“, sagt deren Top-Pilot, der Belgier Thierry Neuville noch am Montagabend vor der versammelten Presse. Im Moment, das gibt auch der smarte Brillenträger aus dem deutschsprachigen St. Vith gerne zu, „ist das noch ein Übergangs- und ein Lehrjahr für uns. Aber das wussten wir vorher. Ich bin jedenfalls froh, ein Teil dieses Projektes zu sein.“

Auch in Deutschland tut sich etwas. Opel, das einen großen Namen und eine eben solche Vergangenheit im Motorsport hat, belebt seine eigenen Gene neu. Mit dem ADAC Opel Rallye Cup wurde gemeinsam mit dem Verband ein Wettbewerb geschaffen, der Deutschlands Nachwuchs-Elite schulen und an die Großen in der Welt heran führen soll. Marijan Griebel (25) und Fabian Kreim (21) fahren derzeit mit dem 190 PS starken ADAM R2 schon in der Rallye-Europameisterschaft und eben beim deutschen WM-Lauf auf höchstem Niveau. „Wenn wir auf diesem Wege keinen neuen Röhrl mehr finden, dann nie mehr“, hatte ADAC-Sportpräsident Hermann Tomczyk bereits im vergangenen Jahr bei der Vorstellung des Projektes in die Glaskugel geblickt. Man wünscht ihm, er möge recht behalten.

Nähere Infos und Zuschauer-Service unter www.adac-rallye-deutschland.de.

Text: Jürgen C. Braun
Fotos: Oliver Kleinz, Hersteller

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