Es gibt nur wenige Fahrzeuge, die im Straßenbild so polarisieren und zwei Welten doch derart gekonnt in sich vereinen wie diese radikale Rennmaschine mit Alltags-Charakter. Der Subaru WRX STi hat ein bisschen was von der literarischen Vorgabe der „Biedermann-und-Brandstifter“– Aura. Ambivalent in Optik und Technik bis in die Grundfesten.
Da ist einmal ein Teil der Silhouette als „stinknormale“ Alltags-Limousine mit viel Platz für Passagiere und einem großen Kofferraum. Da ist andererseits aber auch der kompromisslos geschärfte, fast schon provokant zu nennende Gesamt-Auftritt. Die signifikante Lufthutze auf der Motorhaube (seit den Tagen des ersten Legacy Turbo vor 22 Jahren dabei) und natürlich der überdimensionale Heckbürzel: Bügelbrett-groß, mächtig empor ragend. Für die „Fundis“ dieses Kultautos ein unabdingbares Muss. Für diejenigen, die es zwar schnell und mit viel „Dampfe unter der Haube“, aber optisch etwas zurück haltender mögen, ein Graus. Für solche Zeitgenossen geht dieser Extrem-Auftritt eher in Richtung „Proll-Kiste“.
Für den Hersteller, den japanischen Allrad-Spezialisten Subaru, ist das Fahrzeug ein Imageträger der sportlichen Gene des Hauses wie er signifikanter nicht sein könnte. Mit Titeln und Träumen aus vielen Jahren Rallye-Weltmeisterschaft dekoriert, hat er zwar seine großen werksseitigen Auftritte hinter sich. Doch auch ohne das mittlerweile gekappte Engagement des Hauses in der Rallye-Weltmeisterschaft „tobt“ der Sti (ein Kürzel von Subaru Tecnica International) noch in vielen Privatteams unübersehbar über die Wertungsprüfungen. Und in der „freien Wildbahn““, auf dem jedermann zugänglichen Asphalt, lässt der „Wolf im Schafspelz“ ohnehin kaum jemanden kalt. Bei dem einen zuckt es bei seinem Anblick verräterisch lächelnd um die Mundwinkel, der Andere zieht dagegen nur ein unverständliches Kopfschütteln vor.
Subaru hat das Rallye-Urgestein, bei dem es laut Deutschland-Chef Volker Dannath, die „Ingenieure auf die Spitze getrieben“ haben, nun neu aufgelegt und lässt keinen Zweifel an seiner Absicht, keine angepasste und weichgespülte Version unters Volk bringen zu wollen. Wem der mächtige „Kofferraum-Bizeps“ auf dem Heck des Athleten in Form des Spoilers ein wenig zu dick aufgetragen erscheint, der kann auch die etwas mildere Form des WRX STi ohne Heckflügel bestellen. Für Puristen aber dürfte dies ein Gräuel sein. Unübersehbar ist neben den neuen technischen auch der finanzielle Anreiz: Mit nun 41.900 Euro ist die Neuauflage um rund 5.000 Euro günstiger geworden als die ebenfalls 300 PS starke Vorgänger-Variante.
Der im tiefen Ozean-Blau aufwartende „Familien-Renner“ wurde trotz kaum wahrnehmbarer Detail-Arbeit an der Optik in der Ausrichtung seiner Fahreigenschaften noch einmal verschärft. An der kompromisslosen sportlichen Ausrichtung gibt es somit keine Zweifel. Das gilt nicht nur für die Höchstgeschwindigkeit von 255 km/h, den Sprint von Null auf 100 km/h in 5,2 Sekunden und die 407 Newtonmeter bei 4000 Umdrehungen.
Das Fahrwerk des mit einem 2,5 Liter großen Vierzylinder-Turbo (wie immer bei Subaru ein Boxer) ausgerüsteten WRX STi wurde noch einmal etwas straffer modifiziert. Eine verkürzte Lenkübersetzung und verstärkte Aufhängungen tragen zur ungefilterten Rückmeldung an den Fahrer bei. Vor allem bei lang gezogenen Autobahnkurven hilft der Spoiler, der nicht nur ein optisches Signal ist, mit 35 Kilogramm Anpressdruck bei rund 180 km/h.
Bei aller technischen Weiterentwicklung dieser „Kult-Kiste“ hat Subaru doch auf einige technische Features verzichtet, die das Leben in diesem Fahrzeug im Grenzbereich vielleicht etwas angenehmer gestalten würden. Natürlich verwehrt man dem Kunden in punkto Sicherheit ein (abschaltbares) ESP nicht, doch Komfort-Details wie etliche Assistenz-Systeme sucht man in diesem Fahrzeug vergebens. Kein bimmelnder oder rüttelnder Warner, wenn man die Fahrspur verlässt, kein Blinken im Außenspiegel, wenn sich ein anderes Fahrzeug im toten Winkel nähert. Kein Eingriff des Motor-Managements, wenn sich der Abstand zum Vordermann verkürzt. Eher spartanisch auch die Innen-Architektur ohne viel Firlefanz: Die bekannten, schlichten Rundinstrument tun das, wozu sie geschaffen wurden: Sie sind leicht und gut ablesbar.
Doch der neue Subaru WRX Sti wartet auch mit einer Verbesserung seiner Alltags-Qualitäten auf: Der Straßen-Exzentriker wurde dank eines verlängerten Radstandes (2,5 Zentimeter) mit zusätzlicher Knie-Freiheit für die Passagiere ausgestattet. Etwa 130 Ausgaben seines sportlichen Imageträgers will Subaru in diesem Jahr noch verkaufen. Ähnlich wie beim Sti sollen auch andere Fahrzeuge aus dem Modellprogramm von Subaru noch preislich nach unten korrigiert werden. Damit will man die Wettbewerbsfähigkeit im Gesamtmarkt weiter erhöhen.
Text und Fotos: Jürgen C. Braun