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Es ist eine Geschichte wie „Made in Hollywood“. Nur dass nicht der rebellische James Dean in seinem Porsche 550 Spyder zum Rennen in Laguna Seca rast und auch nicht Dustin Hoffman alias Benjamin Braddock im roten Alfa Spider zu Simon and Garfunkels Scarborough über die Brücke nach Berkeley fährt, um auf Miss Robinson zu warten. Vor 25 Jahren feierte Amerika den Mazda Miata bzw. MX-5 (so die europäische Modellbezeichnung) als neuen Sonnenkönig. Tatsächlich hätte der anfangs ausschließlich rot, gelb oder blau lackierte Roadster den Oscar als beliebtester Nebendarsteller mit bis heute über 350 Filmrollen verdient. Sogar dem kultigen Peugeot 403 Cabrio von TV-Inspector Columbo stahl er bei mehreren Gastauftritten beinahe die Show.

Viel wichtiger war aber für Mazda: Der bezahlbare Miata alias MX-5 war anfangs begehrter als mancher Supersportler aus Maranello und wurde weltweit in größeren Stückzahlen verkauft als jeder andere offene Zweisitzer. Insgesamt rund 936.000 MX-5 in drei Generationen konnte Mazda seit 1989 bislang ausliefern. Dabei eroberte das kleine Kultcabrio nicht nur die Herzen der Amerikaner, sogar für überzeugte Blechdachliebhaber wie die Japaner ließ er als Eunos Roadster die Sonne aufgehen. Und in England stieß der kleine Racer bereits verblichene, aber unvergessene Roadsterikonen wie MG B und Triumph Spitfire vom Sockel des ewigen Bestsellers. So wurde der MX-5 rasch zum Vorbild vieler neuer Spider und Sportler – die er inzwischen jedoch fast alle überlebte.

Manchmal entspringen die größten Ideen einigen kleinen Strichen auf einer Papierserviette oder Kreidetafel. So auch das Konzept des Mazda MX-5 als Anfang 1979 der amerikanische Motorjournalist Bob Hall nach Japan kam. Anhand einer Kreideskizze erklärte Hall dem damaligen Entwicklungsleiter von Mazda, Kenichi Yamamoto, wie er sich einen offenen, erschwinglichen Sportwagen vorstellte. Optisch als Evolution englischer Kult-Roadster nach dem Vorbild von Lotus Elan und MG B, technisch aber so zuverlässig, wie es damals nur Autos aus dem Land der aufgehenden Sonne waren. Verkauft werden sollte der rassige Luftikus in erster Linie ins sonnenhungrige Amerika, das zudem wichtigster Exportmarkt für Mazda war.

Fünf Jahre und mehrere Sportwagenstudien später gab Mazda tatsächlich das offizielle Startsignal zur Entwicklung des offenen Zweisitzers. Kein Wunder, hatte doch inzwischen der bekennende Roadster-Fan Yamamoto die Führung der Mazda Motor Corporation übernommen und Bob Hall zum Produktplaner im neu eröffneten kalifornischen Mazda Entwicklungszentrum Irvine ernannt. Hier in Kalifornien wurde auch das klassische Zweisitzer-Layout mit Frontmotor und Heckantrieb im Retrodesign entworfen, das sich im hausinternen Wettbewerb gegen zwei japanische Alternativen mit Frontantrieb oder Mittelmotor durchsetzte. Damit nicht genug. Das Sportwagenprojekt mit dem Geheimcode 729 LWS sollte dank konsequenten Leichtbaus für klassische Roadsterfans ein Stück vom Himmel sein, andererseits aber auch komfortgewohnte Romantiker unter den Cabriofahrern begeistern. Weshalb Mazda seinem kleinen Sonnensegler ein wetterdichtes Verdeck spendierte, dazu eine wirksame Klimatisierung gegen Kälte oder große Hitze und später sogar eine wenig geliebte, weil unsportliche Getriebeautomatik.

Kurz, der Mazda MX-5 wurde ein Auto, wie es die Welt so noch nicht gesehen hatte. Ein offenherziger Traum mit verführerischen Linien und modischen Klappscheinwerfern für relativ kleines Geld. Welche Wirkung er entfaltete, davon konnte sich Mazda-Chefdesigner Shigenori Fukuda mit ersten Prototypen im Roadster-Paradies Kalifornien überzeugen. „Die Reaktion war überwältigend. Wir wurden von Fahrern in Camaros und Porsches verfolgt“, erzählte Fukuda später über seine Testfahrten. „Schließlich flüchteten wir in den Garten eines Privathauses, nur um unseren Verfolgern zu entkommen. Da kam ein grauhaariger Mann herausgestürzt. Wir versuchten unser Eindringen zu entschuldigen, aber er winkte sein Scheckbuch und wollte unbedingt das Auto kaufen“.

Der Anfang eines Roadster-Rush, der im Februar 1989 mit der Premiere des Serienautos auf der Chicago-Motor Show die ganze Welt erfasste. 35.000 Roadster für amerikanische und japanische Käufer hatte Mazda im ersten Jahr vorgesehen – viel zu wenig. Nur wenige Tage nach Marktstart betrugen die Lieferzeiten anderthalb Jahre, ein Phänomen, das Amerikaner bis dahin nicht einmal bei Supersportwagen akzeptierten. Das Debüt des Open-Air-Stars auf der IAA im September 1989 infizierte auch die Europäer mit dem MX-5-Virus. Womit anfangs übrigens kaum ein Mazda-Manager gerechnet hatte. Nach anfänglichen Grau-Importen aus den USA rollten im Frühjahr 1990 endlich die ersten Roadster zu den deutschen Mazda-Händlern. Das erste Jahreskontingent war allerdings längst ausverkauft, für zuteilungsreife Kaufverträge und junge Gebrauchte wurden zeitweise bis zu 50 Prozent Aufpreis auf den Einführungspreis von 35.500 Mark gezahlt. Dieser lag deutlich unter den Kosten eines Alfa Romeo Spider und kaum höher als bei einem offenen Kleinwagen wie dem Peugeot 205 CTI. Passgenau zum zweiten Sommer des neuen Cabrio-Königs waren die Lieferschwierigkeiten behoben und die europäischen Verkaufszahlen kletterten bis auf 21.000 Einheiten im Jahr 1999.

Da hatte die Urversion des MX-5 (interner Code NA) bereits der zweiten MX-5-Generation (Serie NB von 1997-2005) Platz gemacht und der Mazda musste sich gegen eine Flut von Rivalen behaupten. Roadster wie ein neuer Alfa Spider, Audi TT, BMW Z3, Daihatsu Copen, Fiat Barchetta, Ford (Mercury) Capri, MG TF oder Toyota MR-2 eroberten respektable Platzierungen in den Zulassungsstatistiken – konnten aber dem Champion nichts anhaben. Dieser blieb fast unverändert begehrenswert, auch durch limitierte Sondermodelle mit Sammlerstatus und eine permanente liebevolle Modellpflege. Als Anfang 2006 die dritte, in den Dimensionen geringfügig größere Auflage des MX-5 (Code NC) in Deutschland an den Start ging, stand die moderne Interpretation des klassischen britischen Roadsters bereits seit sechs Jahren als erfolgreichster offener Zweisitzer der Automobilgeschichte im Guinness Buch der Rekorde. Und die erste Rekordzahl von 531.890 Einheiten musste bis heute immer wieder nach oben korrigiert werden. Die Millionen-Marke ist bereits fast erreicht.

Als Mazda im Jahr 2007 mit einer zusätzlichen MX-5-Version, dem Roadster Coupé mit faltbarem Hardtop, neue Kunden gewinnen wollte, besaß der Sportler unter den erschwinglichen Roadstern schon wieder eine Alleinstellung. Eine Position, die er sich erst in der kommenden vierten Generation teilen muss, wenn ein Alfa Spider als italienisches Schwestermodell von den Bändern im japanischen Hiroshima rollt. In einem Remake des Films „Die Reifeprüfung“ hätte Benjamin Braddock dann die Qual der Wahl zwischen gleich zwei roten Roadstern, um über die Brücke nach Berkeley zu Miss Robinson zu rauschen.

Text: Spot Press Services/Wolfram Nickel
Fotos: Mazda

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