Für 2014 hatte Lotus-Chef Gerard Lopez angekündigt, mit seinem Rennstall mit dem großen Namen bei der Titelvergabe in der Formel 1 ein gewichtiges Wort mitreden zu wollen. Das erste Rennen des Jahres 2013 hat bereits gezeigt, dass mitnichten leeres Geschwätz ist, was von dem luxemburgischen Unternehmer und Rennstall-Besitzer zu hören ist. Der Auftakt zur Saison mit dem ersten Rennen im fernen Australien hat gezeigt, dass Lotus ein sehr kompetentes Paket aus Fahrzeug, Ingenieuren und Piloten geschnürt hat – und vor allem, dass dieses Team im Umgang mit den noch heftig umstrittenen Pirelli-Reifen besser zurecht kommt als die eigentlich noch höher eingeschätzte Konkurrenz von Ferrari und Red Bull.
Mit nur zwei Reifenwechseln fuhr der finnische „Iceman Kimi Räikkönen vom achten Startplatz bis ganz nach vorn und düpierte die Favoriten Sebastian Vettel und Fernando Alonso beim Saisonauftakt. Diese Position verteidigte das gewiefte Nordlicht (bereits 2007 mit Ferrari Weltmeister) sehr cool. Alle diese Komponenten führten in der Summe dazu, dass Räikkönen als Sieger des Großen Preises von Australien abgewinkt wurde. Räikkönen, der eben in einem der beiden schwarz-goldenen Boliden aus dem Hause Lotus sitzt.
Nur eine Moment-Aufnahme? Wir wissen es nicht, denn Melbourne war erst das erste von insgesamt 19 Rennen und bereits am nächsten Wochenende werden beim Großen Preis von Malaysia in Sepang die Karten mit WM-Lauf Nr. 2 neu gemischt. Infolgedessen geben sich Alonso (Rang zwei) und Vettel (drei) auch noch relativ entspannt. Motto: Die Saison hat je gerade erst begonnen. Und noch ist nichts passiert.
Das erste Rennen war aber auch – selbst wenn dies allein Insider mitbekommen haben – ein Triumph für Renault. Und zwar als Motoren-Hersteller. Die Achtzylinder des französischen Herstellers waren in insgesamt vier Fahrzeugen der „Top Ten“ verbaut. Neben Räikkönen und seinem Teamkameraden Romain Grosjean waren auch die beiden „Red Bull“ von Sebastian Vettel und Mark Webber, die beide ebenfalls in die Punkteränge kamen, mit Renault-Power unterwegs, wie auch Williams und Caterham.
Und die Silberpfeile? Der prominente Schumacher-Nachfolger Lewis Hamilton, Titelträger des Jahres 2008, fuhr im W04 als Fünfter ins Ziel. Kollege Nico Rosberg musste nach einem technischen Defekt die Segel streichen. Der neue Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff, Nachfolger von Norbert Haug, war demzufolge nicht zufrieden seinem ersten Auftritt und dem des Teams: Technisch bedingte Ausfälle dürfen nicht sein. Das müssen wir in den Griff bekommen und sehen, was es ist. Aber es ist erst das erste Rennen.Zu den Siegern des Saisonauftakts gehört zweifellos auch Adrian Sutil. Der Gräfelfinger, der erst als letzter des gesamten Fahrerfeldes wieder einen Platz bei seinem früheren Arbeitgeber Force India gefunden hatte, machte mit einer starken Vorstellung auf sich aufmerksam. Nach seinen ersten Führungs-Kilometern in einem Formel-1-Rennen überhaupt, bedingt auch durch Boxenstopps der Konkurrenten, beendete er seinen Premieren-Run schließlich auf einem beachtlichen siebten Rang und sammelte seine ersten WM-Punkte in diesem Jahr.
Ein Desaster war die Reise nach Australien dagegen für Nico Hülkenberg im Sauber. Nachdem sich der vierte Deutsche im Fahrerfeld im Qualifying Rang elf gesichert hatte und damit nach dem neuen Reglement als erster Pilot die freie Reifenwahl hatte, musste er dennoch zusehen. Ein wahrhaft ungewöhnlicher Ausfall traf sein Einsatzgerät: Als die Mechaniker den Sauber C32 betankten, sickerte Benzin aus dem Tank. Dieser Riss hätte bei einer Renn-Teilnahme unvorhersehbare Konsequenzen zur Folge haben können. Dieses Risiko wollte bei Sauber niemand eingehen. Deshalb entschied sich Teamchefin Monisha Kaltenborn aus Sicherheitsgründen für den Rückzug des Autos.
Text: Jürgen C. Braun / Fotos: Teams