Test-Tour: Alfa Romeo MiTo TwinAir

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Alfa Romeo, mit diesem Namen verbindet die Masse der Autofahrer sportliche, rassige Automobile aus der Heimat von Ferrari, Lamborghini und Co. Alfa Romeo, das riecht quasi nach Hochleistungs-Aggregaten, nach seliger Formel-1-Vergangenheit, nach dem legendären Scudetto im Kühlergrill als Sinnbild praller automobiler Lebensfreude. Ein feuriger Italiener halt, wie er im Buche steht. Doch es geht auch anders. Ein Alfa mit einem Mini-Motörchen: ein Alfa, der in den unteren Lagen seines Klangspektrums knattert wie ein waidwunder Schützenpanzer; ein Alfa dessen einziger Lebenszweck das Spritsparen scheint. Und doch: Auch in einem solchen Fahrzeug, das scheinbar ein fahrender Anachronismus ist, können die Gene der „Anonima Lombarda Fabbrica Automobili stecken. Und sie tun es. Ein etwas ungewöhnlicher Fahrbericht mit dem und über den Alfa Romeo MiTo TwinAir.

Um diesen beim ersten Eindruck Nerv tötenden Geräuschpegel auch nur annähernd einordnen zu können, muss man wissen, auf welche technischen Gegebenheiten dieses gurgeln, röcheln, krächzen und knurren zurückzuführen ist. Unter der kurzen Haube des Winzlings Alfa Romeo MiTo (setzt sich zusammen aus den Anfangsbuchstaben der beiden italienischen Metropolen Milano und Torino) wartet ein unscheinbarer Zweizylinder-Reihenmotor darauf, auf die mobile Welt losgelassen zu werden. Ein bissiger, giftiger Kraftzwerg mit einem Hubraum, dessen Volumen einer Sardinenbüchse gleichkommt: ganze 875 Kubikzentimeterchen. Geschärft und tüchtig angeblasen wird das Machwerk der italienischen Ingenieure von einem Abgas-Turbolader, so dass am Ende 85 Pferdestärken bei 5500 U/min dabei heraus springen.

Ein Antriebsaggregat, das Kunst und Knute des Downsizing-Prinzips bis zum Exzess ausreizt und letztendlich auch fabriziert: Möglichst wenig Hubraum, dazu ein früh einsetzender Turbolader, anstelle einer Nockenwelle ein vollvariabler Ventiltrieb. Ein Machwerk, das auf die Welt gekommen ist, um bis zum Exzess zu geizen. Mit Kraftstoff nämlich. Und doch eines, mit dem man – wenn man es denn mit viel Handarbeit am Schaltknüppel des manuellen Sechsgang- Getriebes im mittleren Drehzahlbereich hält – durchaus sportlich fahren kann. Man muss sich halt nur daran gewöhnen, dass mit Vortrieb schon bei einem Drehmoment-Bereich Schluss ist, bei dem eigentlich Diesel-Aggregate den weiteren Dienst verweigern.

Vielleicht, so denke ich mir, sollte es im Stempel-geilen und Ordnungs-affinen Deutschland für dieses Fahrzeug so eine Art Führerschein für Downsizing-Fahrzeuge geben. Ein amtliches Dokument, mit dem man dann auch den Fiat 500 und den Punto aus gleichem Hause fahren könnte, die optional ebenfalls von diesem außergewöhnlichen Aggregat angetrieben werden. Um diesen Ansprüchen gerecht zu werden, muss der geneigte Fahrer aber auch akzeptieren, dass der Töne spuckende „Großkotz“ da vorn im Sound erst dann etwas moderater wird, wenn man ihn in Bereiche über circa 3000 Umdrehungen entlässt. Die Schaltanzeige allerdings empfiehlt schon sehr viel früher den ersten Gangwechsel. Tritt man das Gaspedal dann aber weiter voll durch, ist schon nach Sekundenbruchteilen der nächste Griff an den Schaltknüppel vonnöten.

Richtig Spaß macht der Alfa Romeo MiTo mit dieser leicht kastrierten Kolbenmaschine aber erst dann, wenn man im sprichwörtlichen Sinne den Schalter umlegt. Wie bei der Alfa Giulietta residiert im Fußraum rechts neben dem Fahrer ein DNA-Schalter, der allerdings nichts mit Tatort-Krimis oder ähnlich blutrünstigen Leinwand-Epen zu tun hat. DNA steht in diesem Falle für die verschiedenen Fahrprogramm Dynamic, Normal und All Weather. Wählt man etwa den Dynamic-Modus, so gewinnt man den Eindruck, als trete da jemand dem Zweizylinder noch mal kräftig ins Kreuz, damit er auch letzte Leistungsreserven frei gibt. Der Turboaufladung sei Dank: In etwas mehr als 12 Sekunden rattert und knattert man auf Tempo 100 und „schwimmt“ dann im Verkehr mit. „Stolz wie Oskar“, denn dass der scheinbare mühelose Vorwärtsdrang einzig und allein aus dem Duell zweier Pötte resultiert, merkt niemand. Nicht einmal der Fahrer selbst. Dank einer zwar etwas straffen aber dennoch komfortablen Fahrwerksabstimmung liegt der kleine Flitzer gut auf der Straße, lässt sich mit Bedacht durch die Innenstadt oder auch mit deutlich mehr Verve durchs Landstraßen-Geschlängel dirigieren. In diesem Falle wird er gar zum Kurvenräuber und das dann auch mit einer durchaus gedämpften Klangkulisse.

Ansonsten herrscht im Innenraum nicht weniger Alfa Romeo-Feeling vor als in einem Spider oder in einer Giulietta. Die bekannten Rundinstrumente liegen in einem chicen Cockpit. Viel Chrom und Karbon signalisieren optisch das opulente Selbstverständnis der sportlichen Fiat-Tochter. Als Sparbüchse erwies sich der MiTo TwinAir jedoch nicht. Zumindest nicht in dem Ausmaße, wie ihn der Hersteller ankündigt. Wir kamen immerhin auf ein selbst errechnetes Drittelmix von 6,3 Liter Benzin auf 100 Kilometer.

In der „Turismo“-Variante kostet der Alfa Romeo MiTo mit dem „eingedampften“ Benzinmotor ab 16.950 Euro. Zur serienmäßigen Ausstattung gehören Leichtlaufreifen, Klimaanlage, Lederlenkrad, Nebelscheinwerfer und 16-Zoll-Leichtmetallräder.

Text: Jürgen C. Braun
Fotos: Jürgen C. Braun, Fiat

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