Test-Tour: Lancia Delta 1.9 Twinturbo-Diesel

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Einst machte er als kerniger und kreischender „Infernale“ in der Rallyewelt auf sich aufmerksam, jetzt hat er es sogar auf die Leinwand geschafft, obwohl er hierzuland im Straßenbild eher eine Rarität ist: Die Rede ist vom Lancia Delta. Die italienische Nobelmarke aus dem Hause Fiat hat eine ruhmreiche Vergangenheit, aber auch eine dornenreiche Zukunft vor sich. Und in der Gegenwart ist Kampf um jedes Auto beim Kunden angesagt. Da hilft es schon einmal, dass im Verschwörungsthriller „Illuminati“ Leinwand-Held Tom Hanks im Lancia Delta davon braust.

Derlei Erfolgsgeschichten sind dem edlen Italiener, der schon in den achtziger und neunziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts trotz großer Erfolge in der internationalen Rallye-Welt als Stil-Ikone eine exotische Erscheinung war, auf dem deutschen Markt jedoch verwehrt geblieben. Beim stilvollen und immer etwas andersartigen Auftreten, auch außerhalb der Welt von Wertungsprüfungen, Zeitnahmen und WM-Klassements, ist es jedoch geblieben. Der Lancia Delta ist eine italienische Schönheit, das Ergebnis verspielter Blechkleidschneiderei eines Granden der Haute Couture mit Mut zu ungewöhnlichem Formenspiel. Eine Mischung aus unauffälliger Eleganz und dem durchaus gewollten Hinweis auf die sportlichen Gene von Marke und Modell.

Wir fuhren das Diesel-Topmodell, den 1.9 Multijet Twinturbo mit 190 PS. Der braucht sich hinter den sportlichen Benzinmotoren, die für dieses Fahrzeug angeboten werden, nicht zu verstecken. Mit einer Nennleistung von 100 PS pro Liter Hubraum ist dieser Motor ein sportliches Schwergewicht aus der Selbstzünder-Kategorie. Wie auch die übrigen beiden Diesel-Aggregate für den Lancia Delta verfügt er über einen wartungsfreien Partikelfilter und die Abgasnorm Euro 5.

Der Lancia Delta der dritten Generation basiert auf der Bodengruppe des Bravo, da lassen sich die Synergie-Effekte des Fiat-Konzerns sinnvoll nutzen. Mit einer Gesamtlänge von 4,52 Meter und einem Radstand von 2,70 Meter ist der Lancia Delta noch so gerade so am oberen Rand der Kompaktklasse dimensioniert. Mit dem langen Überhang und dem fast schon Kombihaften Züge tragenden Heck wirkt der Delta daher wie ein Mittelklässler, der sich noch nicht ganz entpuppt hat. Der eleganten Erscheinung jedoch tut dies keinen Abbruch.

.Der 190 PS starke Twinturbo-Diesel offenbart seine ansprechende Leistungscharakteristik, gepaart mit einem ausgewogenen Federungskomfort und guter Traktion im Witterungs-Mix dieses Herbstes sowohl auf trockenen Landstraßen und Autobahnen, wo es bis zu 220 km/h gehen kann, genau so wie auf nassem Kurvengeschlängel im Hunsrücker Mittelgebirge. Trotz des langen Radstandes und der 1,4 Tonnen Leergewicht offenbart ein ansprechendes Einlenkverhalten. Die Kraft des Fronttrieblers, der für den Spurt von Null auf 100 km/h gerade mal 7,9 Sekunden braucht, wird durch eine manuelle Sechsgang-Schaltung präzise und auf kurzen Führungswegen übertragen.

Im Interieur wirken sowohl die verwendeten Materialien wie auch deren Verarbeitung sehr hochwertig. Die Glanzlack-Optik am Armaturenbrett macht einen gediegenen Eindruck, die kleinen analogen Rundinstrumente korrespondieren in Optik und Haptik vollwertig und ansprechend mit der Ausstrahlung des Innenraums. Die Sitze könnten allerdings etwas mehr Auflagefläche und Seitenführung vertragen, zudem plagen sich die im Fond mitfahrenden Gäste wohl – je nach Größe – mit der Kopffreiheit.

Zur Basisausstattung des neuen Lancia Delta gehören unter anderem sieben Airbags, das erweiterte elektronische Stabilitätsprogramm AHS (Absolute Handling System), LED-Tagfahrlicht und LED-Heckleuchten, in Höhe und Reichweite einstellbarem Lenkrad sowie elektrischen Fensterhebern vorn und hinten ebenso wie elektrisch einstellbaren und beheizbaren Außenspiegeln.

Nach dem kleinen Frauenliebling, dem Ypsilon, soll der Delta das zweite Standbein der edlen Fiat-Sparte werden und vor allem versuchen, die beim Konsumenten wenig geliebten Modelle Lybra und Thesis vergessen zu machen. Weshalb Lancia mit dem ehemaligen Rallye-Weltmeister Delta wohl auch den Begriff des „Kompaktfahrzeugs“ beim Kunden ein wenig großzügig auslegt. Die Preisliste des Lancia Delta mit dem 1,9 Liter Twinturbo-Diesel beginnt in der höheren Ausstattungsversion „Oro“ bei 28.750 Euro, in der Top-Version „Executive“ bei 33.350 Euro.

Text und Fotos: Jürgen C. Braun

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