Schwarzfahren ist nicht gleich Schwarzfahren. Wer ohne Fahrkarte in Bus oder Bahn steigt, macht sich noch nicht automatisch wegen „Beförderungserschleichung“ strafbar. In jedem Fall müssen konkrete Anhaltspunkte für die Schwarzfahrt und die Fahrscheinkontrolle vorliegen. Dies hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main am 20. Juli 2010 (AZ: 1 Ss 336/08) entschieden, so die Verkehrsrechtsanwälte des Deutschen Anwaltvereins.
In den ersten beiden Instanzen wurde ein Mann wegen Beförderungserschleichung in vier Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 65 Tagessätzen á fünf Euro verurteilt.
Seine Berufung beim OLG hatte Erfolg. Die Richter hoben das Urteil auf und verwiesen es zur erneuten Verhandlung an das Landgericht zurück: Die Feststellungen in dem Urteil seien unvollständig beziehungsweise lückenhaft. Der Tatbestand des Schwarzfahrens setze einen Vermögensschaden voraus, der darin liege, dass dem Verkehrsunternehmen das Entgelt entgehe, da der Täter sich die Beförderung „erschlichen“ habe. Vollendet sei die Tat mit dem Beginn der Beförderungsleistung. Auszuschließen seien aber Fälle, in denen nach allgemeiner Auffassung eine Beförderung noch gar nicht vorliege, zum Beispiel die Entdeckung des Täters nach wenigen Metern.
Die Feststellungen im angefochtenen Urteil ließen aber keine Beurteilung zu, ob mit der Beförderungsleistung bereits begonnen und die Tat damit bereits vollendet worden sei, begründete das OLG seine Entscheidung. Die konkreten Umstände der Fahrt und der Fahrscheinkontrolle seien nicht dargelegt. So fehlten Ausführungen dazu, an welcher Haltestelle der Angeklagte in die Straßenbahn beziehungsweise U-Bahn eingestiegen sei und was für eine Fahrtstrecke er bereits zurückgelegt habe, als er von den Kontrolleuren ertappt worden sei.
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