Test-Tour: Range Rover Sport TD V8 HSE

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Reisen wie die Royals: Kleiner als Buckingham Palace, günstiger als die Kronjuwelen – aber mindestens so edel wie die Staatskarosse der Royals – so präsentiert sich der Range Rover Sport TD V8 HSE nicht nur dem Betrachter von außen.

Sein Auftritt zeugt von Kraft, gepaart mit Eleganz und Technik auf höchstem Niveau – der Range Rover Sport versteht es, die Blicke auf sich zu ziehen. Mit seinem bulligen Äußeren verschafft er sich den nötigen Respekt, gleichzeitig erfordern die gewaltigen Außenmaße viel Platz, um ordnungsgemäß abgestellt zu werden. Bei einer Länge von knapp 4,80 Meter und einer Breite von beinahe 2,20 Meter inklusive Außenspiegel ist die beim TD V8 HSE serienmäßig verbaute Parkhilfe an Front und Heck alles andere als Überfluss. Punktgenau, aber nicht übersensibel, reagiert das Parkleitsystem selbst auf kleinste Hindernisse, und so lässt sich das Flaggschiff englischer Ingenieurskunst auch in engste Lücken manövrieren. Allerdings nur mit Unterstützung der Servolenkung, denn die 2,8 Tonnen englischen Leergewichts stehen auf 20-Zoll-Rädern mit 275/40er Reifen und diese Kombination raubt schon einiges an Kraft. Apropos Rangieren: 11,9 Meter, inklusive aller Überhänge, benötigt das royale Flaggschiff, um sich einmal im Kreis zu drehen.

Völlig unbeeindruckt von Gewichtsklasse und Abmessungen zeigt sich der Motor. Mit seinen in V-Form angeordneten 8-Zylindern stellt der Range Rover knapp 3,7 Liter Hubraum und 200 kW/272 PS zur Verfügung. Geschmeidig wie ein königliches Rennpferd beschleunigt der Wagen und erreicht die 100-km/h-Grenze in Windeseile. Ohne auch nur ansatzweise Schwäche zu zeigen, marschiert der Brocken bis zur Endgeschwindigkeit von mehr als 200 km/h. Die in den technischen Daten angegebenen 11,1 Liter Verbrauch auf 100 km im Stadt-Land-Mix werden dabei schnell zur englischen Legende: Im Dauertempo deutlich jenseits der empfohlenen Richtgeschwindigkeit auf deutschen Autobahnen erreicht der Verbrauch schnell 13 Liter – Dieselkraftstoff wohlgemerkt.

Kenner richten ihren Blick nicht nur auf die Technik des Antriebs, sondern auch auf die der Verzögerung. Dem Vorwärtsdrang des TD V8 HSE lässt sich mit feinsten italienischen Brembo-Bremsen Einhalt gebieten. Die unterarmgroßen Bremssättel der Vorderachse sehen nicht nur gewaltig aus, sondern verzögern entsprechend ihrer Optik den Wagen auf Wunsch mit brachialen Werten.

Der relativ hohe Verbrauch beim Abverlangen von Spitzenleistung kommt nicht von ungefähr und ist hauptsächlich im Gewicht begründet. Nicht nur das britische Herzstück, der V8-Motor trägt seinen Teil zu den 2,8 Tonnen bei, auch die üppige Serienausstattung macht das Auto nicht leichter. Feinstes Leder findet sich auf allen Plätzen im noblen Off-Roader, der gar nicht so recht in unwegsames Gelände passen will. Ohne verspielt und verschnörkelt zu wirken, versprüht der Innenraum einen hochwertig anmutenden Charme, den man sonst nur aus Schlössern und Landhäusern der Windsors kennt. Edelhölzer geben sich mit dem Leichtmetallapplikationen und der bereits erwähnten Tierhaut ein geschmackvolles Stelldichein. Knöpfe, Schalter und Bedienelemente sind für den Fahrer gut zu erreichen, erklären sich in der Regel von selbst und führen die angeschlossene Funktion bereitwillig aus. Lediglich das hauseigene Navigationssystem sowie die Fahrzeugeinstellung zur Geländefahrt erfordern ein Studium der Bedienungsanleitung. Insbesondere das Navigationssystem mit seinem Touchscreen reagiert entweder hypersensibel oder gar nicht auf den Fingerzeig des Bedieners. Ein weiterer Kritikpunkt auf dem spärlichen Negativkonto des Range Rover geht ebenfalls zu Lasten des Navigationssystems: Emsige Versuche, den Tourguide in eine Art Nachtansicht mit geringer Blendwirkung zu versetzen, bleiben erfolglos. Stattdessen gelangt man in die Tiefen der Menüführung, aus der ein Ausweg ähnlich schwer zu finden ist wie aus den Geheimgängen von Westminster Abbey.

Unter dem großzügigen Raumangebot auf allen Plätzen leidet nicht die Ladekapazität: Ist die Rückbank aufgestellt, fasst das Kofferabteil 450 Liter, bei umgeklappter Rücksitzbank liegt das Volumen sogar über 2.000 Litern. Wenn auch nicht ganz neu, so ist die zweigeteilte Heckklappe immer wieder erwähnenswert. Kleines Transportgut lässt sich problemlos durch die geöffnete Heckscheibe verstauen, ohne die gesamte Klappe zu öffnen.

Durch die erhabene Sitzposition – viel höher kann die Queen auch auf ihrem Thron nicht sitzen – stellt sich alsbald ein ungeheures Sicherheitsgefühl ein, das der Wagen nicht nur vermittelt, sondern auch bietet. Neben allen gängigen Fahrerassistenzsystemen wie ABS, aktivem Überrollschutzsystem ARM oder Stabilitätskontrolle DSC gibt es auf allen Plätzen ausreichend Schutz durch entsprechende Airbags. Wesentlich sicherer kann auch die Bank von England nicht sein.

Alles in allem lässt der Range Rover Sport TD V8 HSE keinen Wunsch offen. Auch wenn der Preis der Grundausstattung mit gut 73.000 Euro deutlich unter dem der Kronjuwelen liegt, ist es dennoch ein sehr stolzer Preis. Royales Reisen hat nun mal seinen Preis. Aber: Wer mit dem Range Rover reist, wird ihn nicht mehr hergeben wollen und wer ihn nicht mehr hat, wird ihn vermissen.

Text und Foto: Uwe Meuren

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