Erste Erfahrungen: Kia Soul

Beitragsbild
Foto 1
Foto 2

Autos, die einfach nur dem Auftrag ihrer Gründerväter nachkommen, nämlich eine oder mehrere Personen und auch ein wenig Gepäck möglichst rasch, sicher und komfortabel von Punkt A zu Punkt B zu bringen, haben im harten Konkurrenzkampf um die Gunst des Kunden schon lange keine Chance mehr. Nein, Automobile müssen heutzutage zumindest ein bisschen trendy sein, sie sollen ihre Vorzüge in der Stadt ausspielen, gleichzeitig aber auch für die Autobahn und wenn möglich auch etwas fürs Gelände geeignet sein. Ja, und optisch müssen sie natürlich etwas darstellen, müssen ein wenig auffallen in der grauen Masse der uniformen Personen-Beförderer. So was nennt man auf gut Neuhochdeutsch Lifestyle. Und Autos, die diesem Anspruch nach eigenem Bekunden gerecht werden, gibt es inzwischen mehr als genug: Smart, Fiat 500, Mini, VW Beetle, um nur ein paar Kandidaten zu nennen. Jetzt ist ein neuer Proband hinzugekommen. An diesem Wochenende kommt er auf den Markt: Der Kia Soul.Was macht man eigentlich mit einem Auto, dessen Heimat ein südkoreanischer Autobauer ist, in Kalifornien entworfen, in Deutschland gestylt und zu Hause gebaut wurde? Und das dann noch Soul heißt. Wurde da als dezenter Hinweis auf die südkoreanische Hauptstadt Seoul das e schlichtweg vergessen oder sollen die vier Buchstaben für Seele stehen? Oder für die gleichnamige Musik-Richtung? Keine Ahnung, jedenfalls ist der Name der zugegeben recht schmucken kantigen Kiste aus dem fernen Osten genau so rätselhaft wie die zukünftige Käuferschicht, die ins Visier genommen werden soll.

Mit wahlweise Hahnentritt-Muster, Rallyestreifen, oder Drachen-Dekor auf dem Chassis und einem Kühlergrill, den Kia Tigernase nennt, darf der Kia Soul durchaus als Generalangriff auf die Hip-Hop-Generation gelten. Aber wie immer in ähnlichen Fällen bemüht sich der Erfinder solch juveniler Extravaganzen die betuchte Kundschaft, die schon mitten in der Schaffens- und damit auch in der Verdienst-Periode steht, nicht zu vergrätzen. Weshalb das 4,11 Meter lange Auto von Hyundais Schwestermarke natürlich auch für jung gebliebene ältere Individualisten geeignet ist. Na klar, welcher alte Knacker gibt schon gerne zu, dass er ein solcher ist.

So viel moderner Popanz in diesem wuseligen, großvolumigen Würfel auf Rädern mit hoher Bodenfreiheit ist natürlich bestens geeignet, den Hersteller aus der Ecke des schnöden Billiganbieters heraus zu fahren und als Designmarke zu etablieren. Dazu passen die schwarz lackierten Karosseriepfosten neben der Frontscheibe sowie das etwas abfallende Dach. Hinzu kommen die hohe Gürtellinie, die steile Heckklappe, und die senkrechten Rückleuchten, die ein wenig an den Mitbewerber Materia aus dem Hause Daihatsu erinnern. Alles in allem ein gelungener Auftritt, der neugierig macht und mit jeglichen Alltags-Konventionen bricht.

Etwas überraschend für ein Fahrzeug dieses Genres, das wohl eher als modifiziertes City-Car durchgeht, ist die Auswahl der Motoren zur Markteinführung. Während andere Kleinwagen mit 1,0 oder 1,2 Liter Hubraum und wesentlich geringeren PS-Zahlen ins automobile Leben starten, tritt der Soul zur Markteinführung mit je einem Benziner und einem Dieselaggregat mit 1,6 Litern Hubraum und mehr als 120 PS an. Der Diesel mit 128 PS und 260 Newtonmeter sowie der Ottomotor mit 126 PS und 156 Newtonmeter sorgen für den Vortrieb. Wobei das beim Benziner nicht nur zu spüren, sondern auch durch lautes Dröhnen lauthals zu vernehmen ist. Eine kleinere Benziner-Version mit 1,4 Liter Hubraum soll jedoch nachgereicht werden.

Im Innenleben bietet der Kia Soul bei einem Radstand von 2,55 Meter jedoch viel Platz, was bei aufrechter Sitzposition sowohl für die Knie wie auch für den Kopf gilt. Auch auf der Rückbank, was ziemlich erstaunlich ist. Mit nur 222 Liter ist der Kofferraum jedoch keine Offenbarung. Zwar schafft ein zusätzliches Fach im Unterboden etwas mehr Platz, und die Rücksitzlehne ist asymmetrisch geteilt und umklappbar. Dennoch haben andere Probanden dieses Problem zufrieden stellender gelöst.

Mit dem Soul demonstriert Kia jedoch anhand der Preisliste, dass man aus der Discounter-Ecke raus will. Zwar ist der Wagen mit sechs Airbags, ESP und einem Radio mit USB-Anschluss bereits in der Basisversion sehr gut ausgestattet, und die Motoren sind größer als in dieser Klasse üblich. Doch schon der günstigste Soul kostet 14.980 Euro. Das sind fast Golf-Kategorien. Der Diesel kostet noch einmal 1.800 Euro Aufpreis. Dennoch darf man dem Kia Soul bescheinigen, dass er nicht nur ein bunter Klecks in der automobilen Pop-Landschaft ist, sondern auch über Alltagsqualitäten verfügt, die die Marke in ein neues Licht rückt. Bei der Hip-Hop-Generation wie bei den alten Knackern. Pardon, den jung gebliebenen älteren, individuellen Autofahrern natürlich.

Text und Fotos: Jürgen C. Braun

Nach oben scrollen