Wer alle Jahre wieder im Januar unter Schlafstörungen leidet, ein wenig sportbegeistert ist und sich in schlaflosen Nächten lieber vor die Glotze setzt, als sich mit vergeblicher Liebesmüh von einer Seite auf die andere zu wälzen, der findet im Spartensender Eurosport zu Beginn eines jeden Jahres spannende Live-Unterhaltung. Insbesondere für die Tennisfreunde lohnt sich – wenn das Sandmännchen denn partout nicht kommen will – der Click auf den Einschaltknopf des Fernsehers, denn die Australian Open locken auch gute 15 bis 20 Jahre nach Boris und Steffi mit prächtigem Filzkrieg in Down under. Steigende Einschaltquoten in Ländern, in denen – nicht wie bei uns vorzugsweise von unausgelasteten Hausfrauen betrieben – noch richtig gutes Tennis gespielt wird, treibt nicht nur die Spieler, Trainer und Funktionäre, sondern auch die Sponsoren in der Rod Laver Arena in Melbourne um.
Für das von Australien so eben mal um die Ecke liegende Südkorea und den dort beheimateten Automobilhersteller Kia sind die Australian Open stets die erste und beste Gelegenheit, sich einer breiten verfilzten Öffentlichkeit zu präsentieren. Vor lauter Kia siehst Du kaum noch die Kugel und die findigen Werbestrategen in Seoul werden sich genüsslich ins asiatische Fäustchen lachen, haben sie doch mal wieder aufs richtige Pferd gesetzt. Da nämlich, wo gerade für Kia was zu holen ist. Dort etwa, wo der Automobilmarkt nur so boomt und explodiert. In der ständig brodelnden New-Age-Republic Switzerland nämlich. Ja richtig, in der Schweiz, denn Seriensieger Roger Federer putzt auf den Tennisbelägen dieser Welt so ziemlich alles weg, was sich ihm Racket schwingend in den Weg stellt. Und demzufolge werden die Schweizer nachts zwischen zwei und fünf in Scharen und zu Hauf (mehr als 1.000 pro Nacht sollen es mittlerweile sein!) vor den eidgenössischen Televisionsgeräten sitzen, um dem Wilhelm Tell des dritten Jahrtausends über die Kontinente hinweg zu zu jubeln.
Das Kia-Engagement in Australien wäre im Gegenzug nur mit einer beispiellosen Chocolat-Tobler-Werbe-Offensive bei den internationalen Alphorn-Wettbewerben im Kanton Wallis zu vergleichen. Die Anzahl der Bildschirm-Betrachter in Südkorea wäre in etwa deckungsgleich mit der Zahl der televisionären Tennis-Konsumenten zu mitteleuropäischer Schlafenszeit. Und sollte das Interesse der Federer-Bewunderer doch einmal nachlassen, haben die Kia-Oberen schon einmal vorgesorgt. Vom 24. bis 29. Januar stecken sie ein paar Scheine als Hauptsponsor in das Berliner Sechstage-Rennen. Und dort werden wohl – wenn nicht alles täuscht – sicherlich auch ein paar gut betuchte Gäste aus der Pharma-Industrie oder dem Rotlicht-Milieu anwesend sein. Na denn, um es mit dem Kia-Slogan zu sagen: Lassen wir uns überraschen, oder: Kia, the power of surprise!
Text: Reiner Hochwälder