Zu sagen, dass die Nachricht einschlug wie eine Bombe, wäre angesichts der Umstände sarkastisch und zynisch. Tatsache ist jedoch, die völlig unerwartete Absage des alljährlichen Wüstenspektakels Rallye Dakar einen Tag vor dem Start in Lissabon wegen massiver Terror-Warnungen in Mauretanien traf alle Beteiligten völlig unvorbereitet. Acht der 15 Etappen der Jubiläums-Auflage sollten durch den am Heiligen Abend von tödlichen Anschlägen erschütterten nordafrikanischen Staat führen. Vier französische Touristen waren einem Attentat zum Opfer gefallen, hinter dem die Terror-Organisation Al-Kaida stecken soll. Fortführung oder gar brutale Ausweitung vor einem Millionen-Publikum nicht ausgeschlossen.
Dreistellige Millionenbeträge haben die beteiligten Hersteller in die 30. Auflage des traditionsreichen Wüstenklassikers gesteckt, sich mit ihren Fahrern, Ingenieuren und Logistikern monatelang akribisch darauf vorbereitet. Von den vielen Privatiers, die Bares aus der eigenen Schatulle und viel Herzblut investiert haben, gar nicht zu reden. Argumente jedoch, die angesichts des drohenden mörderischen Szenarios mit vielleicht unvorstellbaren Ausmaßen jegliche Aussagekraft verloren haben.
Wer Hab und Gut, Leib und Leben anderer Menschen aufs Gröbste missachtet, ja sie sogar mit Absicht und Willkür zur weltweiten Demonstration des eigenen Machtpotenzials zerstört, wird die mediale Plattform einer Rallye Dakar mit bestialischer Grausamkeit für den eigenen Zweck nutzen. Deswegen konnte es angesichts der aktuellen Situation nur die einzig vernünftige Entscheidung geben: den Rückwärtseingang einzulegen, bevor der wahnwitzige Terror religiöser Fanatiker einen 11. September in der Wüste inszenieren kann.
Im Würgegriff zwischen politischen Machtblöcken hat der Sport in vielen Jahrzehnten den Kürzeren ziehen und zurück stecken müssen. Er muss nicht auch noch unschuldig als Zielscheibe verblendeter Massenmörder herhalten.
Jürgen C. Braun