Exakt um 11.10 Uhr war es so weit: Mit 303,6 km/h raste der 1-er BMW über das Hochgeschwindigkeitsoval in Papenburg. Schneller als je ein mit Autogas betriebenes Serienfahrzeug gemessen worden war. Exakt und unabhängig protokolliert sowie attestiert von ATP, dem Betreiber des Papenburger Prüfgeländes. Das angepeilte Ziel – der Geschwindigkeits-Weltrekord mit diesem alternativen Kraftstoff – wurde dennoch verfehlt. Er fiel buchstäblich ins Wasser. Denn für einen offiziellen Weltrekord muss die Teststrecke in beide Richtungen befahren werden, um Windeinflüsse auszuschließen.
Doch bevor die beiden Testfahrer Prof. Dr. Harald Altjohann und Werner Kochems den Kurs in Gegenrichtung in Angriff nehmen konnten, kam der große Regen. Aquaplaning und eine extrem schlechte Sicht durch aufgewirbelte Gischt machten alle neuen Anläufe zunichte. Gut 280 km/h. Mehr war nicht drin. Wir kommen zu langsam aus der Steilkurve heraus, und selbst auf der Geraden rutscht das Auto hin und her, berichtete der sichtlich enttäuschte Werner Kochems, ein 29-jähriger Rennfahrer und Student an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Saarbrücken, die zusammen mit der Fachhochschule Kaiserslautern den Weltrekordversuch namens Projekt v300plus wissenschaftlich begleitet.
Über ein weiteres Vorgehen in Sachen offizieller Weltrekord werden sich die Projektpartner – zu denen unter anderem der Autogas-Lieferant Westfalen AG, die Kraftfahrzeug-Überwachungsorganisation KÜS, Motoröl-Hersteller Fuchs, sowie Hersteller aus dem Bereich Flüssiggas-Komponenten gehören – in den nächsten Wochen verständigen. Die übrigen Projektziele wie monovalenter Antrieb (also ohne Benzin in der Startphase) oder Flüssiggas-Direkteinspritzung werden unverändert fortgeführt.
Am Morgen hatte alles bestens geklappt, nachdem das hoch motivierte Studenten-Professoren-Team noch eine nachts eilig aus Saarbrücken herbeigeschaffte Antriebswelle eingebaut hatte. Von der alten Halbwelle waren starke Resonanzen ausgegangen. Nach den ersten Testrunden über das Oval war sich Kochems sicher: Da ist noch mehr drin.
Am Ende hat's nicht sollen sein. Doch Altjohann, seine Professorenkollegen Patrick Klär und Thomas Heinze und die Studenten in ihren grauen Projekt v300plus-Overalls konnten abends schon wieder ein wenig feiern. Sie wissen: Im Prinzip haben sie es geschafft – ob offizieller Weltrekord oder nicht, ist für Wissenschaftler nicht ganz so wichtig. Und so richtet Prof. Altjohann optimistisch den Blick nach vorn: In der Wissenschaft macht man immer mehrere Versuche. Warum nicht auch hier?
Text: Gregor Mausolf
Fotos: Oliver Kleinz