Da sage noch einer, der gemeine Opel-Fahrer sei, wie anno tubak, immer noch an der gehäkelten Klopapier-Rolle auf der Hutablage eines ziemlich langweiligen Autos zu erkennen. Brav, bieder, bescheiden. Attribute, mit denen der Durchschnittsdeutsche in einem Durchschnittsauto lange auskommen musste. Doch die GM-Tochter hat den Image-Wandel zwar eingeleitet, aber noch längst nicht abgeschlossen. Zwar will und wird der Hersteller auch mit der Neuauflage der einstigen Lifestyle-Ikone GT, die demnächst ansteht, mit Sicherheit seine Bilanzen nicht aufpäppeln, aber Autos wie der GT sollen die Marke mit dem Blitz im Kühlergrill entstauben und auch für jüngere Käuferschichten interessant machen. Das soll zwar auch die Modellpflege der mittlerweile dritten Generation des Astra bewirken, das Kompaktfahrzeug aber hat noch eine zusätzliche Aufgabe: Stückzahlen soll es schreiben, und nicht zu wenige bitte.
Deshalb sind die Opel-Designer beim Spagat zwischen Zurückhaltung und Mut zur Veränderung auch mit etwas mehr Risiko zu Werke gegangen. Die Kampfansage, nicht nur gegen die Platzhirsche von Volkswagen, Ford oder Toyota ist in diesem Falle besonders hübsch und ansprechend verpackt. Ein Schuss mehr Sportlichkeit, eine weitere Brise Eleganz und das ganze angerührt in einem harmonisch abgestimmten Blechkleid-Cocktail: So steht der überholte Astra der dritten Generation – zunächst als Fünftürer – bei den Händlern. Ausgestattet nicht nur mit viel Qualität der verarbeiteten Materialien im Innenraum und einem überdurchschnittlichen Platzangebot, sondern auch mit vier neuen Antriebsaggregaten, die – glaubt man den Opel-Ingenieuren – endlich die Quadratur des Kreises vollzogen haben. Sie sind nämlich leichter und stärker geworden, verbrauchen gleichzeitig weniger Sprit und blasen weniger Schadstoffe in die Welt. Sollen sie zumindest.
Zwei 1,6 Liter Benziner und zwei Diesel mit 1,7 Liter Hubraum gehören jetzt zur Motorenpalette. Während der Saugmotor 115 PS auf die Kurbelwelle stemmt, weist der Abgas-aufgeladene Ottomotor stolze 180 Pferde auf. Beide sollen sich mit einem Durchschnittsverbrauch von 6,6/7,7 Liter begnügen. Noch weniger sind es bei den Selbstzünder-Modellen, die wahlweise 110 oder 125 PS mobilisieren. Dort soll sich der Durst bei bescheidenen 5,2 oder 5,4 Liter einpendeln. Der 180 PS starke 1,6-Liter-Turbomotor ersetzt das bisherige Zweiliter-Triebwerk mit 170 PS. Die neuen 1,7 CDTI-Motoren dagegen lösen die 1,9 Liter großen Diesel-Triebwerke mit 100 und 120 PS ab. Beide sind mit wartungsfreiem Partikelfilter ausgestattet. Damit können Astra-Kunden jetzt unter insgesamt 11 Motoren von 90 bis 240 PS wählen.
Erste Fahreindrücke waren uns vorerst nur mit den beiden neuen Benzinern vergönnt, die aber machten – auch in der leistungsschwächeren Version – einen durchaus spritzigen Eindruck. Das Fahrwerk ist gegenüber dem Vorgänger deutlich straffer abgestimmt. Der überholte Astra erweist sich als fahrdynamisch, liebt kurvenreiche Strecken genau so wie lange Geraden und bietet ein sicheres Fahrgefühl. Auch bei der Sicherheitsausstattung setzt die Astra-Neuauflage Maßstäbe. Die Maximalwertung von fünf Sternen beim Euro NCAP-Test gab es für den Insassenschutz. Zum serienmäßigen Sicherheitspaket des Astra gehören unter anderem in der Form optimierte Seitenairbags in den Frontsitzen. Sie ergänzen die Kopfairbags sowie die beiden Frontairbags. Die beiden äußeren Fond-Sitzplätze verfügen über eine ISOFIX-Vorrüstung zur Kindersitz-Befestigung.
Die Frischzellenkur haben die Rüsselsheimer übrigens der gesamten Astra-Familie verordnet: vom Fünftürer über den Caravan und den GTC bis hin zum Cabrio-Coupé TwinTop. 18.325 Euro kostet der Astra Fünftürer mit dem 115 PS starken Benzinmotor, 23.335 Euro die Turbo-Variante. Die Preise für die Diesel-Modelle will Opel im März bekannt geben.
Text: Jürgen C. Braun