Volkswagen Motorsport: Erfolgreich auf dem „heißen Sitz“

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Frauenpower auf die stille Art: Fabrizia Pons, seit 2002 bei Volkswagen unter Vertrag und Copilotin von Jutta Kleinschmidt, ist die erfolgreichste Frau im Rallyesport überhaupt. Wenn die vielseitige Italienerin von 25. bis 29. Mai bei der Rallye Marokko, dritter Lauf zum Marathon-Rallye-Weltcup, mit Jutta Kleinschmidt im Volkswagen Race-Touareg über die Startrampe rollt, hat sie den dritten Sieg im Marathon-Rallye-Weltcup im Visier. Bevor sie in den Offroad-Rallyesport wechselte, feierte Pons bereits fünf Siege in der Rallye-Weltmeisterschaft und ist damit erfolgreicher als die Französin MichSle Mouton, an deren Seite sie in den Achtzigerjahren im Audi-Werksteam Schlagzeilen machte – mit dem ersten Frauen-WM-Triumph bei der Rallye San Remo 1981 und dem Vize-Weltmeister-Titel 1982. Doch nicht nur in Frauenteams war sie erfolgreich: Gemeinsam mit ihrem Landsmann Piero Liatti und dem Finnen Ari Vatanen siegte Pons ebenfalls in der Rallye-WM und im Marathon-Rallye-Weltcup.
Ihren bislang größten Triumph erlebte die Italienerin im Januar dieses Jahres, als sie gemeinsam mit Jutta Kleinschmidt bei der berühmten Rallye Dakar für Volkswagen den ersten Podiumsplatz eines Diesel-Fahrzeugs errang. Für mich ging im Ziel am Lac Rose ein Traum in Erfüllung, denn die 'Dakar' war für mich immer ein Klassiker, von einem Podiumsplatz hatte ich viele Jahre lang geträumt, erzählt die zierliche Fabrizia Pons. Es war der vorläufige Höhepunkt einer tollen Zeit, die ich mit Volkswagen und Jutta erlebe.
Fabrizia Pons startete ihre Karriere mit 14 Jahren auf einem Motocross-Motorrad. Ich habe Motocross geliebt, war aber nie richtig gut, berichtet sie. Dann wurde ich nach einem schweren Unfall drei Mal am Knöchel operiert und erhielt von meinem Arzt absolutes Verbot, wieder auf das Motorrad zu steigen. Doch ich konnte mir ein Leben ohne Motorsport nicht vorstellen und wollte Rennen fahren. Freunde brachten sie zu einem Neustart im Rallye-Cockpit. Drei Jahre lang war sie in der italienischen Rallye-Meisterschaft erfolgreich und errang als Fahrerin Klassensiege. Bei der Rallye San Remo, dem italienischen WM-Lauf, erzielte sie 1978 mit Rang neun eine besondere Leistung: Denn mit ihr und dem Franzosen Jean-Claude LefSbvre gibt es in der 33-jährigen Rallye-WM-Geschichte nur zwei Personen, die als Fahrer und als Copilot in die Top Zehn fuhren. 1979 wechselte Fabrizia Pons in den Beifahrer-Sitz und wurde Copilotin.
Anfang 1981 klingelte das Telefon bei Familie Pons in Turin. Ich heiße MichSle Mouton und wollte fragen, ob sie meine Beifahrerin werden wollen, meldete sich eine Frauenstimme am anderen Ende. Pons nahm den Anruf zunächst nicht ernst. Damals war MichSle bereits berühmt. Ich dachte, da erlaubt sich jemand einen Scherz. Über Umwege fanden die Beiden doch zusammen: Fabrizia Pons startete als Copilotin von MichSle Mouton für Audi in der Rallye-WM. Ein Jahr später wurden sie Vize-Weltmeister. Fünf tolle Jahre, sagt die 49-Jährige rückblickend über vier Siege und etliche Top-Platzierungen in der Weltelite. Es war ein Traum, die Entwicklung des Audi quattro vom Anfang bis an die Spitze zu erleben. Ein Traum, der sich jetzt mit Volkswagen wiederholt.

Mitte der Achtzigerjahre verschoben sich die Prioritäten: Ich heiratete und konnte mir nicht vorstellen, weiter Rallyes zu fahren. 1986 habe ich aufgehört, so Pons, die damals alle Verbindungen in den Sport kappte. Ich habe keine Fachzeitschriften gekauft, keine Rallyes verfolgt. Als Sohn Ludovico und Tochter Elisabetta größer wurden, kehrte Pons allerdings in den Rallye-Zirkus zurück. Zunächst bin ich mit einem Freund historische Rallyes gefahren. Als ich merkte, wie viel Zeit das kostete, beschloss ich, diese Zeit lieber in richtige Rallyes zu investieren. Auf der Suche nach einem adäquaten Cockpit ergriff sie selbst die Initiative und suchte sich einen der besten Fahrer aus. Ich wusste, dass der Beifahrer von Ari Vatanen aufgehört hatte, also schrieb ich Ari einen Bewerbungsbrief. Der Weltmeister von 1981 sagte zu: Zwischen 1994 und 1996 starteten sie gemeinsam in der Rallye-WM. Mit Vatanen krönte die Italienerin 1995 auch ihr Debüt im Marathon-Rallyesport mit zwei Siegen bei den Einsätzen in Marokko und Portugal. 1996 wechselte Pons zu ihrem Landsmann Piero Liatti zurück in die Rallye-WM und gewann mit ihm 1997 die traditionsreiche und weltberühmte Rallye Monte Carlo.
Als Glücksfall erwies sich der Besuch der Party zum 50. Geburtstag von MichSle Mouton. Ich traf dort Jutta Kleinschmidt. Wir haben uns auf Anhieb gut verstanden und den ganzen Abend geredet. Das Angebot folgte: Seit 2002 bilden Kleinschmidt/Pons bei Volkswagen ein starkes Team. Der endgültige Wechsel von den klassischen Rallyes ins Marathon-Cockpit war für Pons dabei eine echte Herausforderung. Aus der Rallye-WM war ich gewohnt, jedes Detail zu planen. Aufschrieb vorlesen war für mich so natürlich wie Atmen, erzählt sie. Marathon-Rallyes sind viel schwieriger, weil so viel Unvorhergesehenes passieren kann. Man muss auf alles vorbereitet sein und improvisieren können. An der Seite von Jutta Kleinschmidt fühlt sie sich wohl: Jutta ist ein echter Profi. Und es ist faszinierend, dass sie alles über das Auto und über Marathon-Rallyes weiß. Das Lob gibt die Volkswagen Werkspilotin zurück. Fabrizia ist immer perfekt vorbereitet. Sie studiert das Roadbook sehr genau und arbeitet unermüdlich bis tief in die Nacht an der Route für den nächsten Tag, erklärt Jutta Kleinschmidt. Und ich bin ehrlich beeindruckt, welche Strapazen und Anstrengungen diese zierliche Person wegstecken kann.

Privat mag Pons, die Architektur studiert hat, Kultur und Natur: Die Italienerin, die mit ihren Eltern und den Kindern Ludovico (17 Jahre) und Elisabetta (16) in Turin lebt, singt seit 18 Jahren als Sopran in einem Chor. Wir haben sogar eine CD produziert, berichtet sie stolz. Eine weitere Leidenschaft gilt den Tieren – ganz besonders ihren drei Katzen

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